„Unter einer Straßenlaterne steht ein Betrunkener und sucht und sucht. Ein Polizist kommt daher und fragt ihn, was er verloren habe, und der Mann antwortet: „Meinen Schlüssel.“ Nun suchen beide. Schließlich will der Polizist wissen, ob der Mann sicher ist, den Schlüssel gerade hier verloren zu haben, und jener antwortet: „Nein, nicht hier, sondern dort hinten – aber dort ist es viel zu finster.“

Diese oft zitierte Passage aus Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ erinnert mich an die Art und Weise, wie in der etablierten Medizin gearbeitet wird, wenn Patienten mit „unerklärlichen“ Symptomen kommen. Man arbeitet die Standarddiagnostik ab und wenn sich keine hinreichenden Gründe für das Leid des Patienten finden lassen, dann bleibt oft nur ein Achselzucken oder die Diagnose „psychosomatisch“. Man bewegt sich am liebsten auf bekanntem Terrain („unter der Straßenlaterne“), ein Blick über den Tellerrand findet nur selten statt. Schade und vor allem tragisch für den Patienten, denn noch nie standen uns so viele Möglichkeiten zur Verfügung, um Ursachen von Krankheiten zu ergründen.

Ein schönes Beispiel ist die Diagnostik toxischer Metallbelastungen, oder auch Schwermetallbelastung genannt. Sie ist einfach und relativ kostengünstig. Wir alle würden davon profitieren, denn wir alle sind betroffen. Der eine mehr, der andere weniger. Viele erkranken schwer und versterben, ohne dass je die Ursache des Leidens erkannt wird, wie z. B. Ludwig van Beethoven.

Er war bei seinem Tod mit 56 Jahren komplett taub und litt an vielen rätselhaften Erkankungen. Vor kurzem hat eine Haaranalyse des großen Kompositen klären können, dass er massiv mit Blei, Arsen und Quecksilber belastet war.

Falls Sie jetzt denken, diese Art von schwerer Vergiftung sei ein Problem vergangener Zeiten – weit gefehlt. Schwermetallbelastungen betrefen uns heute sicherlich in nicht geringerem Umfang als die Menschen vor 200 Jahren. Ich behaupte sogar eher mehr. Sie werden nur nicht untersucht, da es eben nicht “Standard” ist.

Oder hat Ihr Hausarzt schon einmal Ihren Blei- Arsen oder Quecksilbergehalt im Blut festgestellt? Und ich bin fast sicher, wenn Sie ihn fragten, ob Ihr Leiden vielleicht mit einer toxischen Belastung zusammenhängen könnte, würde er sie belächeln. So berichten mir meine Patienten seit Jahrzehnten, dabei liegen die Fakten und Zusammenhänge auf der Hand. Bleiben wir nur einmal beim Schwermetall Blei.

Die Hauptquelle für Blei ist für die meisten von uns immer noch das verbleite Benzin in der Atemluft, das bis zum Jahre 2000 in unseren Autoabgasen war. Wer davor bereits gelebt hat, hat sie reichlich eingeatmet und viel Blei in seinen Knochen angereichert. Blei hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren, so dass es immer noch im Sand, Staub, Gebäuden und Feldern und damit auch in Obst, Gemüse,Bier und Wein nachweisbar ist. Blei bekommen wir daher immer noch in viel zu hohen Mengen. Wenn Sie im Altbau wohnen, eventuell auch noch durch Ihr Trinkwasser, das durch Bleirohre fliesst. Mit zunehmendem Alter und Knochenabbau (Osteoporose!) kursiert das eingelagerte Blei dann wieder im Körper und reichert sich in anderen Geweben ab und führt zu strukturellen Zellstörungen, vor allem in den Mitochondrien.

Erst kürzlich hat die EU im Rahmen der Kampagne “Europas Plan gegen den Krebs” die Grenzwerte für Blei in einer Vielzahl von Lebensmitteln weiter abgesenkt, z. B. auch für Salz. Für die meisten Salzsorten etwa gilt ein Höchstgehalt von einem Milligramm Blei je Kilogramm. Davor lag der Wert bei zwei Milligramm pro Kilogramm. Sehr löblich, aber eigentlich sollte überhaupt kein Blei in unseren Lebensmitteln sein.

Die Symptome einer chronischen Bleibelastung sind neben Schwerhörigkeit, dauerhafte Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwäche, krampartige Bauchschmerzen, Bluthochdruck, Anämie sowie Knochen- und Gelenkschmerzen.

Nur wer unter-suchet, der findet.

Wer um die Gefahr nicht weiß, wird sich auch nicht schützen (können).


Quellen:

https://www.nytimes.com/2024/05/06/health/beethoven-deaf-lead-hair.html

https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/chemie/schwermetalle/blei/index.htm

https://germany.representation.ec.europa.eu/news/kampf-gegen-den-krebs-eu-kommission-verscharft-grenzwerte-fur-cadmium-und-blei-lebensmitteln-2021-08-11_de

Vogel N, Murawski A, Schmied-Tobies MIH, Rucic E, Doyle U, Kämpfe A, Höra C, Hildebrand J, Schäfer M, Drexler H, Göen T, Kolossa-Gehring M. Lead, cadmium, mercury, and chromium in urine and blood of children and adolescents in Germany - Human biomonitoring results of the German Environmental Survey 2014-2017 (GerES V). Int J Hyg Environ Health. 2021 Aug;237:113822. doi: 10.1016/j.ijheh.2021.113822. Epub 2021 Aug 25. PMID: 34454255.

Carlson K, Neitzel RL. Hearing loss, lead (Pb) exposure, and noise: a sound approach to ototoxicity exploration. J Toxicol Environ Health B Crit Rev. 2018;21(5):335-355. doi: 10.1080/10937404.2018.1562391. Epub 2019 Jan 21. PMID: 30663930; PMCID: PMC9903337.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.