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Weltmeister in Belgrad, ein Rückblick
Wow. Was für ein Auf und Ab. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle - Die Geschichte einer Biosauna, kalter Duschen und zwei Weltmeistertiteln.
Gestatten: Eine Entführung in das 5-tägige Wettkampfprogramm der Finswimming World Championship 2024 im serbischen Belgrad.
Wir landen 3 Tage vor Wettkampfstart in Belgrad und werden von einer Hitzewelle überwältigt. Zumindest ist das Gepäck vollständig (https://www.strunz.ch/das-vergoldete-vitamineral.html). 40 Grad im Schatten und dazu die böse Überraschung vom Veranstalter: die Klimaanlage der Schwimmhalle hat einen Defekt. Dass ich mal in einer Biosauna eine Weltmeisterschaft schwimmen werde, habe ich bis dato nicht vermutet, aber sowas gehört dazu: Aufregen bringt in dieser Situation einfach nichts. Es zählen Vorfreude, Wille und ein wenig Gelassenheit. Denn der Rest hat gestimmt: ich fühle mich im Wettkampfbecken pudelwohl. Die Wasserhärte und -temperatur ist ideal, die Startblockhöhe genauso wie im heimischen Becken und die Wassertiefe nur geringfügig flacher. Die ersten Zeiten aus dem Training sind vielversprechend, die Leistung auf dem absoluten Höhepunkt. Sie können es doch erahnen: Das ist sie aber bei allen. Gewinnen wird jetzt der mit dem kühlsten Kopf.
Doch bei fast 40 Grad in der Schwimmhalle ist das mit dem kühlen Kopf gar nicht so leicht. Der Call-Room, der Ort an dem sich die Sportler vorm Rennen einfinden müssen, ist eng und stickig. Die Luft fehlt. Ich erarbeitete mir eine Routine: so spät wie möglich in die Schwimmhalle kommen, kurzes Einschwimmen, Umziehen, mit der richtigen Musik auf den Ohren auf zum Call-Room. Um meine Schultern stets ein nasses, kühlendes Handtuch. Der Aufruf zum Start kommt und kurz vorher geht es unter eine kalte Dusche. So konnte ich die Nerven behalten in dieser herausfordernden Situation. Routinen geben Sicherheit.
Die Aufregung steigt gen Nachmittag, die Finalläufe stehen an. Sie können sich das wie folgt vorstellen: ein ganzes Jahr Arbeit für diesen einen Moment. Was geht einem Sportler da durch den Kopf? Nun, kaum ein klarer Gedanke. Da drängen sich Sorgen hervor, die sonst nie eine Rolle spielen: Verrutscht mir die Brille? Reißt der Wettkampfanzug? Vermassel ich den Start oder die Wende? Der Gegner sieht so gelassen aus, wieso nur?
Dagegen gibt es aber ein Rezept: Lächeln und Atmen. Tiefe Atemzüge und wahrhaftiges Lachen. Ja, das geht – und es wirkt Wunder. Auch das, liebe Leserinnen und Leser, muss trainiert werden. Mein Training dafür beginnt bereits Monate davor. Jede Serie im Training, jedes gestämmte Gewicht und jeder Schritt über das eigene Limit wird davon getragen. Ich denke an das Belohnungsessen danach, an die Sommerluft der Toscana, die Weine Südtirols, den Duft des Thüringer Waldes und die Freude mit der Familie. Sie haben es sicher beim Lesen gemerkt: schon ist die Anspannung der Freude gewichen. Das zaubert jedem ein Lächeln auf die Lippen. Der Nebeneffekt dabei: alle anderen im Call-Room machen sich in die Hose. Wer lacht strahlt Sicherheit aus und das ist die halbe Miete.
Bei Wettkämpfen dieser Relevanz überkommt einen überraschend immer mal so ein Angstimpuls. Mal im Shuttle zum Pool, mal mitten in der Nacht oder beim Einschwimmen. Das muss man akzeptieren lernen. Denn Aufregung ist etwas Gutes. Man sollte nur nicht zu energisch dagegenhalten. Symphatikus und Parasymphatikus wippen auf und ab. Der Symphatikus kann da ruhig eine größere Rolle spielen. Schließlich möchte ich gewinnen!
Meine Wippe sieht wie folgt aus: Links der Parasymphatikus: Atmung, Toscana, Wein, meine Frau. Rechts der Symphatikus: Trommelschläge auf den Brustkorb, Pfefferminzöl unter die Nase und die Schultern, ein tiefes Grummen aus dem Bauch heraus. Damit geht es auf die Startbrücke. Mein Name erklingt und ich durchschreite die Halle. Der Lärm der Tribüne verdampft – der berühmte Tunnel ist betreten. Die Worte vom Trainer hallen in meinen Ohren: „Keine einzige Sekunde zweifeln.“
Ich stehe auf dem Startblock, das Startsignal ertönt. Ein kräftiger Sprung und Wasser umhüllt mich, schießt an mir vorbei. Was jetzt passiert - sehe ich mir dann im Nachgang im Video an. Denn, beim guten Rennen ist der Kopf auf Durchlauf geschalten. Da bleibt so garnichts hängen. Man wird getragen von dem letzten Trainingsjahr und kommt der Schmerz überwältigt die Linke Seite der Wippe wieder die brennenden Gliedmaßen. Das ist ein automatisiertes Programm.
Fühlt sich ein Rennen genauso an, dann bist du in Gala-Form. In Weltmeisterform. Liebe Leserinnen und Leser, da kann ich jetzt aus Erfahrung sprechen: Denn zweimal stand mein Kopf auf Durchlauf und es ertönte die Nationalhymne der Bundesrepublik in der Schwimmhalle. Und wow! Was für ein Auf und Ab. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
Wie es sich anfühlt Weltmeister zu werden? Da lasse ich gerne die Bilder sprechen. Ich finde dazu keine Worte.
Fotograf: Fabian Mora
Links zum Rennen:
200m: https://www.youtube.com/watch?v=k7t1GnQhNFY&ab_channel=FinswimmingVideos
100m: https://www.youtube.com/watch?v=3-_RWTvmAjE&ab_channel=FinswimmingVideos
Und dennoch. Ein paar Tage später, wenn die Pflichten rufen, wird man von diesem Hoch wieder geerdet und hat bereits die nächsten Ziele im Blick. Einmal Sportler, immer Sportler.
Über den Autor:
“Justus Mörstedt widmete sich bis zu seinem 14. Lebensjahr in seiner Freizeit dem Triathlon, bevor er sich endgültig auf sein Lieblingselement, das Wasser, fokussierte und Finswimmer wurde. Seit 2019 ist er Sportsoldat und studiert und trainiert im Leistungszentrum Leipzig.
Doch lassen wir ihn selbst zu Wort kommen: „Hier lebe ich meinen Traum: Leistungssport und Medizinstudium. Mich fasziniert es, das neu Erlernte im Sportleralltag in die Praxis umzusetzen und somit den oft trockenen Inhalten ein wenig Leben einzuhauchen.“
Diese Kombination macht sich bezahlt: im Juli 2024 wurde er zweifach Weltmeister. Über 200m Streckentauchen hält er den Europarekord. Falls Sie neugierig geworden sind, was Finswimming ist, sehen Sie sich in den News um, oder werfen eine beliebige Suchmaschine an!
Forever young wurde ihm mit seinem Einstieg in den Profisport sozusagen „in die Wiege gelegt“. Sein Trainer sagte immer: „Wer hier mitmachen will, muss mindestens ein Strunz-Buch gelesen haben.“ Zu Wettkämpfen verteilte er den Sportlern immer Vitamineral 32. Mit den Jahren in Leipzig hat sich in seinem 23 Jahre jungem Kopf so einiges zusammengesammelt, was er gerne mit Sportlerkollegen unter anderem hier in den News teilt. Dabei unterstützen wir als forever young ihn als Sponsor.