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Unwissenheit
Über den Tellerrand hinaus zu gucken kann manchmal peinliche Einsichten vermitteln. Wenn man völlig unerwartet feststellen muss, dass Länder wie Kanada, Australien, Großbritannien uns Deutsche längst weit überholt haben. Hört man als Deutscher nicht so gern.
Da hat also die Bundesregierung höchst löblich beschlossen, sechs deutsche Gesundheitszentren für Volksleiden zu gründen. Eine vorwärts gewandte Strategie in der Medizinforschung. Man könnte auch sagen: Bürokratie pur.
Bei der Beschreibung einzelner Aktionsfelder fallen Begriffe wie Ethik oder Lebensqualität ein bis sechs mal im gesamten Programm. Dafür die Worte Wirtschaft oder Gesundheitswirtschaft über 50 mal. Man ahnt also, dass es um den Patienten wohl eher weniger geht. Sondern um die Wirtschaft.
Jetzt kommt's: Im Konzept dieser Volkskrankheiten fehlt "eine der wichtigsten und sehr weit verbreiteten Krankheiten, nämlich die Unwissenheit" urteilt Prof. Antes, Direktor des Deutschen Cochrane Zentrum. Sie kennen Prof. Antes. In der FAZ Januar 2009 hat er einmal - abgesichert durch Studien - berichtet, dass deutsche Ärzte zum Großteil vom globalen Wissenspool abgeschnitten sind.
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Gemeint ist "knowledge Translation", nämlich die systematische und intelligente Umsetzung von Wissen.
Zum Beispiel, dass bei der Krebserkrankung entscheidend die Tumorstammzelle ist. Und nicht das Krebsgewebe, um welches sich ja alle Kliniken kümmern (Operation. Bestrahlung). Zum Beispiel das neue Wissen, dass Zuckerentzug Krebs zum Verschwinden bringt. Das neue Wissen, dass jeder Zivilisationskrankheit bis hin zum Alzheimer das Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen und Antioxidantien zugrunde liegt. Oder dass Diabetes II heilbar ist ...
Dieser ganz eindeutig entscheidende Transport von medizinischem Wissen zum Patienten ist die Grundlage für die Forschungsstrukturen in Amerika, Kanada, Australien, Großbritannien.
Diese Denkweise taucht im deutschen Rahmenplan gar nicht auf. Wir schaffen sechs deutsche Gesundheitszentren für Volksleiden. In denen erst einmal verwaltet und dann geforscht wird. Vom Umsetzen des Wissens, also der praktischen Anwendung am Patienten ist da nicht die Rede. Übrigens von Wissen, das längst vorhanden ist (Diabetes ist heilbar. Punkt). Wozu eigentlich noch mehr "Forschung" ???
Sie merken schon, Prof. Antes ist ein sehr ungewöhnlicher Informatiker an der Uni Freiburg. Der scheint auch einmal vom Standpunkt des Patienten aus zu denken.