1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind demenzkrank, rund 2/3 von ihnen leiden an Alzheimer. Die Anzahl der Erkrankten nimmt kontinuierlich zu. Auch die Anzahl der Betroffenen unter 65 Jahren steigt kontinuierlich an. Die Todesfälle, die durch Alzheimer verursacht wurden, haben sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Das sind erschreckende Fakten, vor allem auch, weil für die Zukunft immer mehr Alzheimer-Fälle prognostiziert werden. Und weil es keine wirksame Therapie gibt.

Seit Jahrzehnten versuchen Forscher ein Medikament gegen diese Krankheit zu entwickeln. Bislang waren alle Versuche unterm Strich erfolglos. Einige Medikamente stimulieren zwar etwas die Hirnleistung oder können Begleiterscheinungen der Erkrankung, wie Depressionen und Aggressionen, lindern. Aber es gibt bislang KEINE wirkliche medikamentöse oder sonstige Therapie, die die Lebenserwartung erhöhen oder den Verlauf verlangsamen könnte. Von Heilung ganz zu schweigen.

Dann plötzlich ein Hoffnungsschimmer! In den USA wurde letztes Jahr im Eilverfahren ein neues Medikament zugelassen - Lecanemab. Die Medien haben dieses sowohl in den USA als auch auf dieser Seite des Atlantiks gefeiert. Fast täglich wird mit der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA gerechnet. Wird Lecanemab das Schicksal der Betroffenen endlich verbessern?

Schauen wir ein wenig näher hin:

Lecanemab wirkt wie eine passive Impfung. Es handelt sich um einen Antikörper, der sich gegen das Protein Beta-Amyloid richtet. Aus diesem bestehen die Ablagerungen im Gehirn, die mit der Zerstörung der Nervenzellen in Verbindung gebracht werden. Es kann anscheinend den Krankheitsverlauf verlangsamen, allerdings nur bei Patienten in einem sehr frühen Stadium von Alzheimer. Aber: Auch dieses Medikament kann die Erkrankung weder heilen noch stoppen. So viel steht bereits jetzt fest.

Und – das steht nur im „Kleingedruckten“ – Lecanemab ist für Menschen mit dem Risikogen APOE4 nicht zugelassen. Immerhin betrifft das ca. 67 % aller Alzheimerpatienten. Es erhöht bei dieser Patientengruppe die Gefahr für Gehirnblutungen. Darüber hinaus verlangsamt Lecanemab bei Trägern des ApoE4-Gens nicht den kognitiven Abbau, sondern verstärkt ihn sogar.

Ich selbst bin Trägerin des Risikogens APOE4, auch Alzheimer-Gen, genannt. Mein Risiko in einigen Jahren zu erkranken ist - statistisch gesehen - erhöht. Ich teile mein Schicksal mit ca. 20 Millionen Menschen in diesem Lande, denn das APOE4-Gen ist weit verbreitet. Die Betroffenen wissen nur nichts darüber, denn es fehlt hier an Aufklärung. Anders als in den USA. Dort wissen die Betroffenen, sofern sie es wünschen, über dieses Gen Bescheid und betreiben Vorsorge und minimieren so ihr Risiko. Das ist gelebte Epigenetik (siehe auch News vom 13.1.24 und 20.3.23). Wir können uns nicht auf die pharmazeutische Forschung verlassen und auf die eine Wunderpille hoffen, weder bei Alzheimer noch bei anderen chronischen Erkrankungen.

Wie der amerikanische Professor für Neurologie Dr. Dale Bredesen (UCLA) aufgezeigt hat, ist Alzheimer eine Erkrankung die schon Jahrzehnte vor den ersten Symptomen sehr schleichend und unbemerkt beginnt, also im 4. Lebensjahrzehnt. Wenn sie mit vielleicht 68 Jahren oder 75 Jahren symptomatisch wird, ist bereits der Anfang des Endstadiums erreicht.

Bereits jetzt kann man sagen, dass das neue Medikament, die vermeintliche Wunderdroge, für die meisten Betroffenen eine herbe Enttäuschung sein wird. Die Therapiekosten belaufen sich im Übrigen auf jährlich. ca. 26.000 Euro pro Patient.

Quellen:
https://www.swr.de/wissen/neue-hoffnung-fuer-alzheimer-patienten-100.html
Kurkinen M. Lecanemab (Leqembi) is not the right drug for patients with Alzheimer's disease. Adv Clin Exp Med. 2023 Sep;32(9):943-947. doi: 10.17219/acem/171379. PMID: 37676096.
The Lancet. Lecanemab for Alzheimer's disease: tempering hype and hope. Lancet. 2022 Dec 3;400(10367):1899. doi: 10.1016/S0140-6736(22)02480-1. PMID: 36463893.


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.