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Späterkennung
„Alzheimer sollte nicht möglichst früh diagnostiziert werden, sondern zum individuell richtigen Zeitpunkt, zudem nur dann, wenn die Alltagskompetenz eingeschränkt ist.“ So Professor Horst Christian Vollmar von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin- und Familienmedizin in dieser Woche in der Ärztezeitung.
Also erst dann, wenn der Herd nicht mehr ausgeschaltet wird, der Weg nach Hause nicht mehr gefunden und der Wohnungsschlüssel immer wieder verloren geht? Wenn also schon ein massiver Schaden im Gehirn entstanden ist, ….wirklich erst dann?
Seit Dezember 2023 gibt es eine S3-Leitlinie zur Alzheimer-Diagnostik, die sich für eine möglichst frühe Diagnostik und Therapie ausspricht. Grundsätzlich macht eine frühe Erkennung von Krankheiten immer dann Sinn, wenn aus ihr eine therapeutische Konsequenz erfolgt, die für den Patienten sinnvoll ist. Wenn sich für den Betroffenen die Lebensqualität und die Lebenszeitprognose verbessern. Das ist vor allem dann möglich, wenn eine Erkrankung in einem möglichst frühen Stadium erkannt wird, wenn der Schaden noch gering ist. Im Falle von Alzheimer, wenn die Zerstörung der Nervenzellen nicht schon weite Areale im Gehirn betrifft.
Herr Professor Vollmar weiter:
“Das vielfach vorgebrachte Argument für bessere Präventionsmöglichkeiten erscheint vorgeschoben, da diese Präventionsempfehlungen kaum über allgemeine Empfehlungen zur Lebensstiländerung hinausgehen (oder wie es die Amerikaner treffend formulieren: „What’s good for your heart, it’s good for your brain“).”
Und genau das wäre der richtige Weg, denn es ist ausreichend erforscht, dass es genau diese belächelten Lebensstiländerungen sind, die eine frühe Alzheimererkrankung stoppen, umkehren und verhindern können. Schade, dass Herr Professor Vollmar die Veröffentlichungen des Alzheimer-Experten und amerikanischen (!) Neurologen Professor Dr. Dale Bredesen offensichtlich nicht kennt, die im übrigen größtenteils auf Deutsch erschienen sind. Alzheimer ist demnach eine multifaktorielle Erkrankung, die durch viele verschiedene Einflüsse entstehen kann, wie z. B.
- Chronische Entzündungen und Infektionen
- Darmdysbiose
- Mikronährstoffmängel
- Bewegungsmangel
- Kohlenhydratmast
- Toxische Belastungen
- Schlafmangel
- Alkoholmissbrauch
Bredesen spricht von einem “Dach mit 36 Löchern”, das es zu schließen gilt.
Und in einem sehr frühen Stadium (ohne Alltagseinschränkungen) läßt sich eben durch Lebensstiländerungen enorm viel erreichen. Das zeigt Professor Bredesen seit vielen Jahren.
Alzheimer beginnt nämlich nicht plötzlich von heute auf morgen, die Erkrankung fängt schon viele Jahrzehnte vor den ersten deutlichen Symptomen an. Das Vorstadium, das Mild Cognitive Impairment (MCI, leichte kognitive Störung), wird in der Regel gar nicht diagnostiziert und behandelt. Denn wer geht schon zum Arzt, weil er immer wieder Wortfindungsstörungen hat oder Termine vergißt.
Professor Bredesen empfiehlt ab dem 40. Lebensjahr regelmässige Tests durchzuführen, ein TÜV-Check für das Gehirn sozusagen. Er selbst nennt diesen “Kognoskopie”, in Anlehnung an die Koloskopie. Ergeben sich dort Auffälligkeiten können diese behandelt werden und damit ein Fortschreiten in aller Regel verhindert werden.
Wer sich gegen die Früherkennung von Alzheimer ausspricht, nimmt den Betroffenen sehr viele Chancen. Warum nicht auch konsequenterweise gleich von der Krebsfrüherkennung abraten, solange die Alltagskompetenz durch die Erkrankung noch nicht eingeschränkt ist?
Quellen:
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Die-neue-Alzheimer-Definition-ist-fragwuerdig-449030.html#:~:text=Alzheimer%20sollte%20nicht%20m%C3%B6glichst%20fr%C3%BCh,Christian%20Vollmar%20von%20der%20DEGAM.
Bredesen DE, Amos EC, Canick J, Ackerley M, Raji C, Fiala M, Ahdidan J. Reversal of cognitive decline in Alzheimer's disease. Aging (Albany NY). 2016 Jun;8(6):1250-8. doi: 10.18632/aging.100981. PMID: 27294343; PMCID: PMC4931830.
Rao RV, Subramaniam KG, Gregory J, Bredesen AL, Coward C, Okada S, Kelly L, Bredesen DE. Rationale for a Multi-Factorial Approach for the Reversal of Cognitive Decline in Alzheimer's Disease and MCI: A Review. Int J Mol Sci. 2023 Jan 14;24(2):1659. doi: 10.3390/ijms24021659. PMID: 36675177; PMCID: PMC9865291.
Daly T, Mastroleo I. The First Survivors of Alzheimer's: How Patients Recovered Life and Hope in Their Own Words by Dale Bredesen, Avery, 2021, 272 pp. J Alzheimers Dis. 2022;87(3):1413-1414. doi: 10.3233/JAD-220185. PMID: 35431256.
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.