Im Jahr 1930 entdeckten Chemiker in der Leber und in Spinat ein Molekül, das sie zunächst nur „Wachstumsfaktor“ nannten. Denn nur unter Beigabe dieser Substanz konnten Milchsäurebakterien, wie Lactobacillus casei, wachsen. Einige Jahre später wurde dieser ominöse Faktor auch in vielen grünen Blattgemüsen nachgewiesen und daher nannte man ihn abgeleitet vom lateinischen Wort „Folium“ (= Blatt) ganz einfach Folat. Mit der Zeit bekam er viele andere Namen, wie Vitamin 9, Vitamin 11 oder auch Vitamin M. Inzwischen kennen wir ihn überwiegend als „Folsäure“.

Genau genommen ist „Folsäure“ nur die synthetische, also industriell hergestellte Form, die sie von vielen Nahrungsergänzungsmitteln kennen. Alle in der Natur vorkommenden Folatverbindungen werden hingegen als Folate bezeichnet.

Zwischen beiden Formen gibt es erhebliche Unterschiede. Aber klären wir zunächst, was Folate alles können, denn sie haben viele wichtige Aufgaben. Sie sind u. a. an folgenden Prozessen beteiligt:


  • Blutbildung
  • Neurotransmittersynthese, z. B. von Serotonin, Melatonin und Adrenalin
  • Bildung von Carnitin und Coenzym Q10
  • Antikörperbildung
  • Schleimhautregeneration
  • Homöostase des Methionin-Stoffwechsels/Abbau von toxischem Homocystein
  • Homöostase des Darmmikrobioms

sowie an der


  • Entwicklung im zentralen Nervensystem (Neuralrohrschließung) des Fötus.

Daher ist ein guter Folatspiegel in der Schwangerschaft so immens wichtig.

Folat ist ein Vitamin, d.h. der menschliche Körper kann es nicht selbst herstellen, sondern muss es in adäquater Menge zu sich nehmen. Leber und grünes Blattgemüse sind besonders folatreich. Sie sind leider sehr empfindlich gegenüber Hitze, UV-Licht, Schwermetallen und auch gegenüber Wasser. Lange Lager- und Transportzeiten sowie das Kochen von Gemüse und Obst reduzieren den Folatgehalt unserer Nahrung erheblich. Ein Gemüseauflauf hat daher so gut wie kaum noch Folat. Hätten Sie gewusst, dass sogar ausgedehntes Sonnenbaden die Folatspeicher im Körper zerstören kann?
Bei den meisten Deutschen ist die Versorgung mit Folaten aufgrund ihrer Ernährungsgewohnheiten und Kochgewohnheiten kritisch. Sie ist sogar so kritisch, dass schon länger diskutiert wird, Grundnahrungsmittel, wie Salz, mit Folaten anzureichern.

Erschwerend kommt hinzu, dass unser Organismus weder mit synthetischer Folsäure aus einer Kapsel noch mit Folaten aus der Nahrung direkt etwas anfangen kann. Er muss beide Formen zunächst aufwändig enzymatisch verändern und auf diese Weise aktivieren. Der letzte entscheidende Teilschritt hierbei ist die Umwandlung von 5,10-Methylen-Tetrahydrofolat in 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF).



Und genau hier hakt es bei bis zu 60 % der europäischen Bevölkerung. Sie haben einen genetischen Polymorphismus im MTHFR-Gen auf Chromosom 1, der die Umwandlungsrate von 5,10-Methylentetrahydrofolat in das aktive 5-Methyltetrahydrofolat (auch 5-Methylfolat) erheblich reduzieren kann (siehe auch News von Robert Krug vom 9.12.22).

Eine scheinbar kleine Bauplanänderung, die jedoch massive Auswirkungen auf den Organismus hat. Denn sie führt zu einer 30- bis 77- prozentigen Reduktion der Enzymtätigkeit und somit zu einer deutlich geringeren Bereitstellung bioverfügbarer Folate. Die Folge ist ein Folat-Mangel mit den vielen Erkrankungen, die damit einhergehen können.

Eine Substitution von reiner (inaktiver) Folsäure ist für diese Personengruppe aufgrund des Enzymdefekts nicht sinnvoll. Sie benötigen 5-MTHF. Ein Großteil der Nahrungsergänzungsmittel hierzulande (auch viele NEM für Schwangere!) hat jedoch leider immer noch die synthetische, also inaktive Form. Anders als in den USA, wo Sie seit vielen Jahren kaum noch Folsäure in Supplementen finden.

Und so ist und bleibt ein Folatmangel – neben Vitamin D-Mangel – immer noch der häufigste Vitaminmangel hierzulande.

Wenn Sie Folat bzw. aktive Folsäure supplementieren möchten, achten Sie daher unbedingt auf diese Darreichungsformen:


  • Quatrefolic ®
  • 5-Methylfolat
  • 5-Methyltetrahydrofolate

Denn: Sie brauchen Folat, keine reine Folsäure!


Quellen:


https://www.aerzteblatt.de/archiv/42187/Gesundheitliche-Bedeutung-der-Folsaeurezufuhr

Scaglione F, Panzavolta G. Folate, folic acid and 5-methyltetrahydrofolate are not the same thing. Xenobiotica. 2014 May;44(5):480-8. doi: 10.3109/00498254.2013.845705. Epub 2014 Feb 4. PMID: 24494987.

Zheng X, Xia C, Liu M, Wu H, Yan J, Zhang Z, Huang Y, Gu Q, Li P. Role of folic acid in regulating gut microbiota and short-chain fatty acids based on an in vitro fermentation model. Appl Microbiol Biotechnol. 2024 Dec;108(1):40. doi: 10.1007/s00253-023-12825-5. Epub 2024 Jan 4. PMID: 38175236.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.