Eine Dünndarmfehlbesiedlung, auch SIBO genannt (siehe auch letzte News von mir), ist in erster Linie ein Symptom für eine grundsätzliche Störung des Magen-Darm-Traktes. Sie ist keine Krankheit an sich, sondern eine Folge einer in der Regel jahrelang bestehenden Störung des Magen-Darm-Traktes.

Wenn sich Dickdarmbakterien auf den Weg machen und ihr “Zuhause”, ihr angestammtes Milieu verlassen und Richtung Dünndarm wandern, dann hat das Gründe. Und diese gilt es aufzuspüren, um eine SIBO effektiv und nachhaltig zu behandeln.

Wie oft höre ich, dass Patienten jahrelang an einer SIBO leiden, viel ausprobiert wurde und sie dennoch einfach nicht “verschwindet”. Kaum eine Darmstörung scheint so hartnäckig zu sein und kaum eine Darmstörung verursacht so viele Rückfälle. In aller Regel ist es eben NICHT damit getan,“gute” Darmbakterien in Form von Probiotika zu verordnen und zu hoffen, dass die SIBO-Bakterien daraufhin den Rückzug antreten oder zugrundegehen. Ähnlich falsch – nur aggressiver – ist der Ansatz der Schulmedizin nur mit Antibiotika, z. B. mit Metronidazol, gegen die “Eindringlinge” vorzugehen. Diese werden zwar dezimiert, aber nicht nur diese und in der Folge haben wir es in der Regel mit hartnäckigen Candida-Infektionen zu tun. Ist eine Antibiose die alleinige Therapie bei SIBO, ist die Rückfallquote in der Regel hoch.

Es gibt keine “one size fits all” Lösung; weder eine Pro- noch eine Antibiose wird langfristig etwas gegen eine SIBO ausrichten. Wichtig ist es nach den Gründen zu schauen, warum Bakterien sich scheinbar grundlos woanders niederlassen.

Ein zentraler Punkt der Behandlung ist meiner Meinung nach die Wiederherstellung eines physiologischen, gesunden pH-Wertes im Darm. Dieser wird zum einen von der Magensäure (pH-Wert 1,5 - 2) als auch durch die Verdauungssäfte der Bauspeicheldrüse (pH-Wert 8) beeinflusst. Der Verdauungsbrei sollte am Ende seines Weges durch die Darmschlingen einen Gesamt-pH-Wert von ca. 6 - 6,5 haben. Erst wenn der Säure-Basen-Haushalt wieder hergestellt ist, können Antibiose- und Probiose effektiv unterstützen.

Nach meiner Erfahrung sind die häufigsten Ursachen für pH-Wert Verschiebungen:


  • Dauergebrauch von Magentabletten, also Protonenpumpenhemmer-Einnahme (Omeprazol ® etc.) und damit zu wenig Magensäure
  • Zu viel Magensäure, oft stressbedingt
  • Mangel an Bauchspeicheldrüsenenzyme (exokrine Pankreasinsuffizienz) durch Erschöpfung der Bauchspeicheldrüse durch zu viel Nahrung. Beste Therapie: Intervallfasten
  • Eine ballaststoffearme Ernährung mit vielen leeren Kohlenhydraten
  • Chronische Verstopfung und/oder eine überwiegende sitzende Tätigket
  • Zellgilfte, wie Alkohol und Haushaltszucker

Ich lasse meine Patienten ganz einfach selbst den pH-Wert im Stuhl messen. Mit Lackmus-Papier (kennen Sie aus dem Chemieunterricht). Dazu bedarf es keines Labors, das kann jeder zu Hause im eigenen Badezimmer kostengünstig durchführen. Lackmus-Papier bekommen Sie in jeder Apotheke oder Drogerie für unter 5 Euro.

Quellen:
Redondo-Cuevas L, Belloch L, Martín-Carbonell V, Nicolás A, Alexandra I, Sanchis L, Ynfante M, Colmenares M, Mora M, Liebana AR, Antequera B, Grau F, Molés JR, Cuesta R, Díaz S, Sancho N, Tomás H, Gonzalvo J, Jaén M, Sánchez E, Garayoa A, Moreno N, Gallén A, Cortés-Castell E, Cortés-Rizo X. Do Herbal Supplements and Probiotics Complement Antibiotics and Diet in the Management of SIBO? A Randomized Clinical Trial. Nutrients. 2024 Apr 7;16(7):1083. doi: 10.3390/nu16071083. PMID: 38613116; PMCID: PMC11013329.


Knez E, Kadac-Czapska K, Grembecka M. The importance of food quality, gut motility, and microbiome in SIBO development and treatment. Nutrition. 2024 Apr 5;124:112464. doi: 10.1016/j.nut.2024.112464. Epub ahead of print. PMID: 38657418.


Pimentel M, Saad RJ, Long MD, Rao SSC. ACG Clinical Guideline: Small Intestinal Bacterial Overgrowth. Am J Gastroenterol. 2020 Feb;115(2):165-178. doi: 10.14309/ajg.0000000000000501. PMID: 32023228.



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.