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Nur ein Vitamin
Es gibt ja so viele. Alles recht unübersichtlich. Und jedem Vitamin wird – je nach Ausbildung des Arztes – entweder Wunderkräfte oder aber teurer Urin nachgesagt. Sie seien also sinnlos.
Ich gucke ja gerne auf das Prinzip dahinter, das da heißt
- Vita heißt das Leben. Wieso heißen Vitamine Vitamine, wenn sie nur teuren Urin produzieren? Was hat das mit Leben z u tun? Wer hat sich da einen Witz gemacht?
- Für die Entdeckung (fast) jedes Vitamines gab es einen Nobelpreis. Heißt für mich: Das scheinen sehr, sehr, sehr wichtige Substanzen zu sein. Was hat das mit teurem Urin zu tun?
- Vitamine werden essentiell genannt. Essentiell ist eine präzise biochemische Definition: fehlt eines, sind Sie tot. Haben Sie nur die Hälfte, sind Sie eben ein halber Mensch. So einfach ist das.
So viel also zu den abfälligen Bemerkungen über sinnlose Vitamineinnahme, über „Produktion von teurem Urin“. Oder „Geschäftemacherei“. Wann immer NEM´s eingenommen werden. Zum Glück macht bei Betablockern oder bei Anti-Diabetika oder bei der Chemotherapie niemand Geschäfte. Chemotherapie verbraucht 20% des gesamten Gesundheitsetats in den USA. Hier werden keine Geschäfte gemacht, nein, nein. Aber bei den Vitaminen!
Nehmen wir so ein winziges Stöffchen, nehmen wir einfach Vitamin A. Liegt vor mir eine Arbeit von Januar 2009, in der gezeigt wird, dass Vitamin A Brustkrebspatientinnen das Leben rettet.
Nicht etwa: Das Leben retten kann, sondern „rettet“! Weiß das Ihr Frauenarzt? Weiß das Ihr Onkologe? Lesen die?
In aller Kürze:
- 208 Frauen mit Brustkrebs, Operation, Chemotherapie, wurde Blut abgenommen und Vitamin A-Spiegel bestimmt.
- 12 bis 15 Jahre später nachgeguckt, wer am Brustkrebs-Rezidiv gestorben war.
Fazit: Patienten mit wenig Vitamin A (unter 2,08 µmol/L) sind verglichen mit Frauen, die ein höheres Vitamin A im Blut aufwiesen, um
- 211% häufiger gestorben (2,11 Mal häufiger).
- Und 358% häufiger (3,58 Mal häufiger), dann, wenn sie über 55 Jahre alt waren.
Wohl verstanden: Also nicht um 20% mehr. Oder um 42% mehr. Oder um 70% mehr. Nein: um 358% häufiger gestorben. Wenn man der Arbeit glaubt, hätte man sich diesen Tod sparen können.
Menschen sind nicht singulär. Diese Frauen haben Familie. Ehemänner, Kinder, Enkelkinder… Eigentlich wollten die doch leben, oder?
So viel zum „Unsinn der Vitamine“. So viel zum „alles Quatsch“, wie Kollegen von mir unsere Arbeit kommentieren. Die nehmen den Tod ihrer Krebspatienten billigend in Kauf. Bin mir nicht sicher, ob sich das einem Arzt ziemt.
Quelle: Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2009;18 (1):42