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Natrium – das hässliche Entlein
„Es ist ganz schrecklich“, klagt eine schlanke Mitsiebzigerin (nennen wir sie Frau G.) in meiner Sprechstunde. Ehemalige Oberstudienrätin, belesen, gebildet, bis jetzt vollkommen klar im Kopf.
„Manchmal ist mir so schwindelig, dass ich mich nicht einmal mehr traue mit unserem Hund Gassi zu gehen. Ich fühle mich als hätte ich getrunken und bin total unsicher auf den Beinen. Ich war deswegen auch schon beim Hals-Nasen-Ohren Arzt, aber der hat gesagt, mit meinem Gleichgewichtsorgan sei alles in Ordnung.“
Ich messe den Blutdruck bei der Patientin:120 zu 80, ein Idealwert.
Die Patientin nickt stolz. „Ja, seit ich täglich meinen Blutdrucksenker und die Entwässerungstabletten nehme, ist der Blutdruck immer ganz niedrig. Ich verwende auch seit 2 Jahren überhaupt kein Salz mehr zum Kochen. Außerdem habe ich 5 kg abgenommen und gehe zweimal pro Woche Walken.“
Nun werde ich hellhörig und schaue auf die Blutwerte, welche mir die Patientin vom Hausarzt mitgebracht hat. Leider sehr übersichtlich: Bestimmung der roten und weißen Blutkörperchen und der Blutplättchen (ein „kleines“ Blutbild also), ein Gesamtcholesterinwert und ein Nierenwert (Kreatinin). Das war´s leider.
„Haben Sie ihrem Hausarzt gesagt, dass Sie an Schwindelattacken leiden?“ „Selbstverständlich“ antwortet Frau G. „genau deshalb habe ich ihn ja aufgesucht. Aber er sagt, ich sei kerngesund und Senioren sei eben schon mal schwindlig.“
Innerlich schüttle ich den Kopf. In mir keimt ein Verdacht auf. Vielleicht hat die Patienten einen Natriummangel, welcher für die Schwindelsymptomatik verantwortlich ist?
Befindet sich nämlich zu wenig Natrium im Blut, versucht unser Hirn diesen Mangel zu korrigieren. Die Gehirnzellen beginnen natriumhaltiges Wasser aus dem Blut aufzunehmen, um den Natriumgehalt in ihrem Inneren zu erhöhen. Doch leider schwellen die Hirnzellen auf diese Weise auch an und der Hirndruck steigt. Die Folgen können Verwirrtheit, Schwindel und Unsicherheiten beim Laufen sein. Besonders gefährdet sind ältere Menschen - vor allem ältere, schlanke Frauen wie Frau G.!
Ein einfacher Bluttest brachte innerhalb weniger Stunden den Beweis: Bingo! Hyponatriämie (zu wenig Natrium im Blut). Normwert im Serum: 135 - 145 mmol/l
Seit Jahren bekommen wir es durch Funk und Fernsehen sowie durch wohlgemeinte Aufklärungskampagnen der Krankenkassen eingetrichtert: Kochsalz (Natriumchlorid bzw. NaCl) sei böse, verantwortlich für zu hohen Blutdruck, Schlaganfälle und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die simple Idee dahinter: durch Salz wird mehr Wasser im Blut gebunden, die Blutmenge erhöht sich und damit auch der Druck in den Blutgefäßen (Folge: der Blutdruck steigt, schlecht für die Gefäße). Nimmt man weniger Salz auf, ist auch weniger Wasser im Blut, der Druck verringert sich (Folge: Blutdruck sinkt, Gefahr gebannt!).
Aus eben diesem Grunde bekam Frau G. auch so genannte „Entwässerungs-tabletten“ (Diuretika) verordnet. Kennen Sie z.B. als Hydrochlorothiazid [HCT] oder Furosemid [Lasix®]. Durch solche harntreibenden Mittel werden aber auch Mineralstoffe wie Natrium, Kalium oder Chlorid vermehrt ausgeschieden. Das ist bei einem Mangel an diesen Mineralstoffen höchst kontraproduktiv.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) appelliert an Verbraucher, nicht mehr als 6 g Kochsalz täglich zu sich zu nehmen, um Natrium einzusparen und Krankheiten wie Schlaganfall und Herzinfarkt zu verhindern. Allerdings gibt es keine Studie, welche diese prophylaktische Empfehlung rechtfertigen würde.
Zu den Symptomen eines Natriummangels zählen Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Leistungsabfall, Gedächtnisprobleme, Muskelschmerzen, ja sogar Übelkeit und Erbrechen. War tatsächlich ein bloßer Natriummangel die Erklärung des Schwindels von Frau G.?
Die Auswertung ihres Blutdruckprotokolls ergab zusätzlich erstaunliche Erkenntnisse: Frau G. hatte den überwiegenden Teil des Tages, einen zu niedrigen (!) Blutdruck. Die 5 kg Gewichtsabnahme und die regelmäßige körperliche Betätigung hatten den Blutdruck auf natürliche Art wieder normalisiert.
Doch auch ein zu niedriger Blutdruck kann Schwindel verursachen. Frau G. hatte also Läuse UND Flöhe!
Mit diesen neuen Erkenntnissen und Messwerten wagte sich Frau G. daher noch einmal zu ihrem Hausarzt.
„Erst wollte er sich die Werte überhaupt nicht ansehen“ berichtet sie. “Er fand es gar nicht gut, dass ich bei Ihnen war. Aber dann meinte er, ich solle mal die Entwässerungstabletten absetzen und ggf. die Dosierung meines Blutdrucksenkers halbieren. Hab´ ich natürlich sofort gemacht. Und was glauben Sie? Seitdem hatte ich keine einzige Schwindelattacke mehr und der Blutdruck ist immer im Optimalbereich.“
Ich freute mich über diese simple Lösung des Problems von Frau G. und ermunterte sie, auch wieder vermehrt ins Salztöpfchen zu greifen, da sie auch noch gerne in die Sauna ging (Natriumverlust durch Schwitzen!) und löblicherweise kaum Fertiggerichte, Knabbergebäck oder Wurstwaren mit hohem Salzgehalt konsumierte. Doch ich empfahl ihr, nicht nur den Natriumwert im Blut, sondern auch den Kaliumwert weiterhin regelmäßig kontrollieren zu lassen.
Eigentlich sollten wir 5 mal mehr Kalium als Natrium zu uns nehmen. Bei typischer „westlicher“ Ernährung, also bei Konsum vieler industriell verarbeiteter Produkte, von reichlich fast-food und wenig Gemüse und Obst, kommen wir aber längst nicht auf die von der WHO empfohlene Kaliumaufnahme von mindestens 3 g pro Tag.
Eine gute Kaliumversorgung ist für eine optimale Herzfunktion von allergrößter Bedeutung (https://www.strunz.ch/das-kalium-wars.html). Besonders gute Kaliumquellen sind beispielsweise Brokkoli, Paprika, Avocados, Kohlrabi, Rosenkohl oder Nüsse, also die „Grundnahrungsmittel“ einer durchdachten low-carb Ernährung.
Was lehrt uns der Fall von Frau G.?
- Es ist immer sinnvoll, bei Schwindelsymptomatik auch an ganz simple Ursachen wie eine Elektrolytverschiebung zu denken.
- Patienten, die ihren Lebensstil verändern (also Abnehmen, mehr Sport treiben und die Ernährung verändern), sollten dies ihrem Hausarzt aktiv mitteilen. Ein desillusionierter Hausarzt geht von so viel Eigeninitiative einfach nicht aus, denn solche Patienten sind selten!
- Natrium ist nicht das hässliche Entlein der Mineralstoffe, sondern ein lebensnotwendiger Stoff, den wir unbedingt „auf dem Schirm“ haben sollten.
Und übrigens:
Es gibt auch ernsthafte Erkrankungen wie Tumore, Leberzirrhose oder Nierenerkrankungen, die einen Einfluss auf den Natriumspiegel haben können.
Setzen Sie Medikamente daher nicht selbstständig ab oder erhöhen einfach ihren Salzkonsum, falls Sie an Schwindel leiden.
Lassen Sie sich und ihr Blut gründlich untersuchen!
Über die Autorin:
"Die Biologin Ursula Bien, Jahrgang 1963, ging nach ihrer Zeit am Institut für Biotechnologie des Forschungszentrums Jülich in die Pharmaindustrie und war zuletzt 15 Jahre lang Geschäftsführerin eines kleinen forschenden Pharmaunternehmens. Ihr Arbeitsschwerpunkt lag dabei immer im Bereich der Hämatologie und Onkologie (Blutkrebs, Stammzelltransplantation, Tumore). Motiviert durch Fragen krebskranker Patienten, begann sie sich mit alternativen und komplementären Therapieverfahren zu beschäftigen. Sie absolvierte eine Zusatzausbildung als Heilpraktikerin und bildete sich über viele Jahre intensiv zu den Themen orthomolekulare Medizin und Ernährungsmedizin weiter. Nicht zuletzt durch den wissenschaftlichen Austausch mit Dr. med. Ulrich Strunz fand sie zum Thema Epigenetik und Bluttuning. Mittlerweile gibt sie die „Strunzsche Philosophie“ in eigener Praxis voller Überzeugung auch an ihre Patienten weiter.
Das sagt sie selbst zu ihrer Tätigkeit:
„So sinnvoll die Schulmedizin in vielen Bereichen auch ist, darf es bei chronischen Erkrankungen nicht das Ziel sein, Symptome zu unterdrücken. Es gilt, die Ursachen einer Erkrankung zu finden und abzustellen. Was durch Ernährungsumstellung, gezielte Zufuhr fehlender Mikronährstoffe und Bewegung erreicht werden kann, ist immer wieder verblüffend. Ich bin Dr. Strunz für das, was ich von ihm lernen durfte unendlich dankbar und freue mich für jeden Menschen, der am eigenen Leibe erfahren darf, dass manche Krankheiten nicht nur Schicksal sind.“