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Meine Memoiren …?
Interessieren wirklich niemanden. Und wenn Sie soeben leicht mit dem Kopf schütteln … glauben Sie mir: wirklich niemanden. Denn wissen Sie, Memoiren sind grundsätzlich Lug und Trug. Beschönigung. Schönfärberei. Lesenswert oft nur dann, wenn Humor und Satire eingeflochten werden.
Lebenserinnerungen würde ich ein kleines bisschen anders erzählen. Lassen Sie mich das heute am Beispiel Schweiz kurz verdeutlichen:
Auch die Schweiz leistet sich einen Ironman. Wussten Sie? Selbstverständlich in Zürich. So viel Stolz muss sein. Und geschwommen wird … natürlich im Zürich-See. Die Nacht vorher hatte es geregnet, das Ufer war seelenschmeichelnd, will sagen braunverschlammt, babblig, weich um die Füß´, kurz und gut, mir wohl vertraut aus meiner fränkischen Jugend.
Also dann rein in das kühle Grün-Wässerchen und los. Schwimmen kann ich sowieso nicht (self-fulfilling-prophecy meines akademischen Schwimmlehrers in Erlangen…). Aber dafür kann ich etwas anderes: träumen.
Rundkurs, zwei Mal. Lange Strecke parallel zum Ufer, irgendwo mitten im See. Und da geschah es, zum ersten Mal: Ich geriet in den Flow beim Schwimmen. Träumte. Fühlte mich wohl. War völlig losgelöst, hatte alles um mich herum vergessen. Schwimmbewegungen automatisiert. Die wurden – natürlich – immer langsamer und träger. Plötzlich Erschrecken …
denn Sport ist doch wohl Fokussierung, Zielorientierung, Anstrengung, Druck. Hatte ich „vergessen“ … schämte mich und gab wieder Gas in der realen Welt.
Romantik im grünen Wasser. Werde ich dem Zürich-See nie vergessen. War ungewollt wundervoll. Weiter ging es auf dem Rad. Regennasse Straßen, Nieselregen. Unten, auf der Uferstraße, Kopfsteinpflaster. Trambahnschienen. Prompt darin hängengeblieben und … kopfüber nach vorne über ´s Rad. Kennen Sie, wenn Sie gelegentlich Tour de France schauen.
Rutschte also nach vorne über das Pflaster, bis ich mit dem zarten Köpfchen, sprich dem Helm recht unsanft vom Randstein gestoppt wurde. Das gab einen ziemlichen Knall, weil der Helm natürlich zersprang.
Unvergesslich, tief verzurrt in meinem Gedächtnis der Satz eines Passanten. Auf Schwyzer-Dütsch. In meiner Ursprache Bayerisch hätte der geheißen: „Etz isser hie“. So viel zutrauliche Anteilnahme, so praktisch-nüchterne Kommentare von doch sonst so vornehm zurückhaltenden Zürichern … hat mich berührt.
Naja. Sie kennen das. Rad wieder gerade gebogen, rauf und weiter. Leichter Achter, aber was soll´s … Ironman ist ein Gesamtkunstwerk. Das wird – gefälligst! Sie erkennen hier meine preußische Mama – durchgestanden und gefinished. Und genau das Finish hatte ich – man hat ja Zeit – gedanklich ein bisschen schön gestaltet.
Wegen der Kälte und Nässe lange Radhosen, Trikot, zwei Jacken. Vermummt und verhüllt. Den ganzen Marathon. Aber so ins Ziel? Mein mir so heiliges Zielfoto? In solchen ollen Regenklamotten? Nie und nimmer!
Also 200 Meter vor dem Ziel ins Gebüsch, mühsam hingesetzt (leicht geächzt, wie sich das für einen knapp 60-jährigen gehört), alles runtergewürgt, also Hosen, Jacken, bis auf knappe Sportbekleidung. Das Hemd ausdrücklich in Schweizer Rot. Kleiderbündel versteckt und dann brav ins Ziel gewackelt.
Weil ich mir nicht sicher war, ob das Zielfoto geklappt hatte, kleinen Bogen um das Ziel-Tor herum und … ein zweites Mal!
Ein wunderschönes Foto. Hawaii … ich komme!
Das war keine Drohung, sondern ein Willkommensgruß! Natürlich habe ich aus der Schweiz noch andere Erinnerungen: Da gibt es auf der Radstrecke den sogenannten Heartbreak-Hill. So etwas von hinterhältig! Wenn man glaubt, man hätte es geschafft, in letzter Not, geht der hinter einer kleinen Biegung noch einmal genauso weiter. Je nun … Schweizer sind zäh. Hinter denen stehen ganze Bergbauer-Generationen. Da haben´s wir flachen, platten Franken nicht so ganz leicht.
Solche Geschichtlein, vielleicht 100 Stück, könnten ja auch eine Biographie ausfüllen, oder? Vielleicht erzähle ich Ihnen das nächste Mal etwas über das wirklich größte Problem beim Ironman Hawaii. Hat nix zu tun mit Schwimmen oder Radfahren oder Laufen. Viel schwieriger! Mal sehen …