Am Weihnachtsabend des Jahres 1914 gelang es dem Forscher Edward C. Kendall erstmals, die Schilddrüsenhormone zu isolieren. Diese Entdeckung legte den Grundstein für die künstliche Herstellung des Schilddrüsenhormons Thyroxin in Form von L-Thyroxin.

Im Jahr 1926 brachte dann Georg Friedrich Henning mit „L-Thyroxin Henning“ das erste synthetische Schilddrüsenpräparat auf den Markt.

Seitdem haben sich L-Thyroxin Henning und ähnliche Produkte mit dem Wirkstoff L-Thyroxin zu einer wichtigen Medikamentengruppe für die Behandlung von Schilddrüsenunterfunktion und anderen Schilddrüsenerkrankungen entwickelt. Sie gehören seit Jahrzehnten zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten in Deutschland. Auf der Liste der meistverordneten Medikamente belegt es derzeit Platz vier.


  • „Sie sind müde und Ihr TSH ist im oberen Normbereich? Probieren Sie doch mal L-Thyroxin!“
  • „Sie sind immer noch müde und schlapp! Erhöhen Sie doch mal L-Thyroxin.“


In Deutschland nehmen schätzungsweise etwa 10 Prozent der Bevölkerung L-Thyroxin ein. Die Zahl der Verordnungen übersteigt die Häufigkeit der Schilddrüsenunterfunktion deutlich. Für viele Beschwerden wird einfach mal auf gut Glück L-Thyroxin verordnet. Statt eine tatsächlich lahme Schilddrüse mit ihren Bau-, Hilfs, - und Betriebsstoffen optimal zu versorgen, wird sie durch die Gabe von L-Thyroxin stillgelegt und in den Zwangs-Ruhestand geschickt. Ergo: Das Schmetterlingsorgan schrumpft.

Das Medikament L-Thyroxin und seine (Neben-)Wirkungen werden meiner Meinung nach nicht ausreichend hinterfragt. Beispielsweise wird es häufig auch bei der Behandlung von Schilddrüsenknoten eingesetzt, obwohl es dabei quasi nicht hilft. Richtiger wäre es Jod in entsprechend therapeutischer Dosierung zu geben (siehe auch News vom 20.9.2024).

Und was auch oft ignoriert wird: L-Thyroxin hat eine Reihe unerwünschter Nebenwirkungen:


  • Herzklopfen oder Herzrasen
  • Schlaflosigkeit
  • Kopfschmerzen
  • Nervosität und innere Unruhe
  • Verstärktes Schwitzen
  • Muskelschwäche
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Zittern
  • Menstruationsbeschwerden

In seltenen Fällen können auch allergische Reaktionen wie Gesichts- und Rachenschwellungen oder Hautausschlag auftreten.

Leiden Sie an diesen Beschwerden und nehmen Schilddrüsenhormone ein? Prüfen Sie doch einfach mal, ob sie an Nebenwirkungen dieser Medikamente leiden könnten.

Wem einmal L-Thyroxin verordnet wurde, nimmt es in der Regel dauerhaft ein. Zumindest über viele Jahre hinweg. Und das kann ab Mitte 60 noch zu einer weiteren gefährlichen Nebenwirkung führen: Osteoporose.

Dazu gibt es eine aktuelle Studie der John Hopkins University, die vor kurzem auf dem amerikanischen Radiologenkongress vorgestellt wurde. In dieser Vergleichsstudie mit 450 Teilnehmern wurden die Auswirkungen der Einnahme von L-Thyroxin auf den Knochenstoffwechsel bei über 65-jährigen Menschen (das Durchschnittsalter in der Studie war 73 Jahre) untersucht.

Bei den Patienten, die L-Thyroxin einnahmen, wurde während eines Beobachtungszeitraums von 6,3 Jahren ein signifikant stärkerer Verlust sowohl der gesamten Masse als auch der Dichte der Knochen festgestellt, als bei Patienten, die kein L-Thyroxin einnahmen.

Und das betraf auch Patienten, bei denen die Schilddrüsenwerte im Blut unter der Thyroxin-Einnahme im Normalbereich lagen, die also „gut eingestellt“ waren.

Durch den Knochenverlust steigt das Risiko für osteoporosebedingte Knochenbrüche, die mit zunehmendem Alter mit einer hohen Sterblichkeit einhergehen.

Amerikanische Ärzte folgern aus den Ergebnissen dieser Studie bereits, dass gerade Menschen über 60 eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung bei einer Thyroxinverordnung erfolgen sollte.

Natürlich gibt es Fälle, z. B. nach Schilddrüsenteil- oder Totalentfernung, da ist die L-Thyroxin-Gabe ein Segen. Aber in den meisten Fällen ist es nur eine Symptombehandlung für eine Erkrankung, die durch einfache Mikronährstoffgabe wieder geheilt werden könnte. So erlebe ich es in meiner Praxis seit über 20 Jahren.


Quellen:
https://press.rsna.org/timssnet/media/pressreleases/14_pr_target.cfm?id=2538


Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.