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Jan Ullrich
Seit 2006 wieder Amateur-Radfahrer, nimmt immer mal wieder an einem der härtesten Jedermann-Radrennen Europas, dem Ötztal-Radmarathon teil. Und hat bei dieser Gelegenheit – scherzend, lächelnd – von seinen etwa 15 kg Übergewicht gesprochen. Nun ja… konnte man sehen. Aber da war er in bester Gesellschaft.
Nur – Jan hat da eine sehr präzise Perspektive. Er meinte nämlich, dass 1 kg Übergewicht 8 Watt nötige Mehrleistung bedeute. Seine 15 kg also 120 zusätzlichen Watt entsprächen.
Hatte ich noch nie gehört. Interessiert mich. Man muss den Berg hinauf also 120 Watt mehr treten dann, wenn man 15 kg Übergewicht am Bäuchlein spannen lässt…
Jeder Radfahrer weiß Bescheid. 120 Watt? Eine Welt. Heißt anders herum: Jetzt wissen Sie, weshalb Profi-Radfahrer so überaus schlank sind. Gerade bei den Bergfahrern sehr deutlich.
Beim Läufer wissen wir: 2 kg weniger bedeutet 1 Minute schneller auf 10 km. Enorm! Nehmen Sie an, Sie könnten 6 kg abspecken… dann würden Sie statt 48 Min. nur noch 45 Min. auf 10 km brauchen. Bei gleicher Anstrengung. Na – da besteht ja noch Hoffnung!
Und jetzt verstehen Sie auch, weshalb ein Lance Armstrong so zwischen 5% und 4% Körperfett händelte. Weshalb ein Contador, dreifacher Tour-de-France-Sieger, von 3% Körperfett sprach. Ein Jan Frodeno, der schnellste Triathlet der Welt 3% Körperfett aufweist. Und mein Liebling, Bruce Lee, angeblich ebenfalls sich nur 3% Körperfett leistete.
Was Sie immer vergessen: Die hatten Muskeln! Ein Contador hatte, wenn angespannt, riesige Oberschenkelmuskulatur. Galt auch für Lance. Die waren also nicht dürr oder zu dünn, sondern ausgesprochen angenehm anzusehen.
Entsprachen so etwa den griechischen Statuen, für Jahrtausende Vorbild von Schönheit. Irgendetwas haben die alten Hellenen sich ja auch gedacht…
Weshalb ich Ihnen das alles erzähle? Weil soeben die Frage aufkam:
- 3% Körperfett. Lohnt sich das?
Antwort: Falsche Frage. Das Ganze funktioniert nämlich genau anders herum: Der Mensch lebt einen ganz bestimmten Lebensstil und hat dann eben 3% Körperfett. So wie jeder Landwirt – ohne moderne Geräte – eben stundenlang auf dem Felde ackert, schleppt, wühlt und dann eben einen ganz bestimmten Körperbau aufweist.
Und so wie jeder Gesundheitsminister im Norden Deutschlands in Verwaltungskram erstickt, Papiere bearbeitet, am Schreibtisch sitzt und dem entsprechend vielleicht 35% Körperfett aufweist. Gewicht und Übergewicht spiegeln also außerordentlich gerecht und präzise Ihren Lebensstil wieder.
Nächste Frage?
- Hat man dann noch genügend Körperfett, um Leistung zu vollbringen? Um Fett zu verbrennen?
Frage erneut falsch gestellt. Seit wann bezieht man die tägliche nötige Energie aus seinen Vorräten? Aus Abbau von Körpersubstanz? Wird das, was wir täglich verbrennen, nicht wohl eher erst mal gegessen? Am gleichen Tag? Genau so ist es natürlich.
Wohl verstanden. Wir sprechen hier vom Normalzustand. Gewicht über Jahre etwa gleichbleibend. Nicht etwa verzweifelter Hungerversuch, um abzuspecken. Nächste Frage:
- 3% Körperfett? Stimmt das? Wie misst man das?
Seltsam. Entsprechende Körperfettwaagen kann man kaufen. Da wird der elektrische Widerstand des Körpers gemessen. Zwischen Füßen und Händen. Und daraus ein Körperfettanteil errechnet.
Kitzlig. Selbstverständlich ist die Zahl unzuverlässig. Wenn Sie morgens viel Flüssigkeit im Körper haben, haben Sie vielleicht 3% mehr Körperfett als mittags oder nach dem Sport. Die Zahl kann also je nach Flüssigkeitsgehalt Ihres Körpers stark schwanken.
Aber das findet jeder vernünftige Mensch, der sich täglich auf solch eine Waage stellt, sehr rasch heraus. Und weiß, dass die Körperfettangabe nur eine grobe ist. Nur einen Bereich anzeigt. Dass der Unterschied zwischen 5 % und 25 % freilich durchaus aussagekräftig ist. Erkennt man nämlich an sich selbst (vor dem Spiegel). Jetzt zur wichtigsten Frage:
- Ist so wenig Körperfett denn gesund?
Tja. Wer kann Ihnen da Auskunft geben? Irgendein Professor? Ein Lehrbuch? Nö. Ich würde Jan Frodeno persönlich fragen. Der nun seit über 10 Jahren konstant Höchstleistung bringt. Keinen Herzinfarkt erlitten hat, nicht an Diabetes leidet, kein Rheuma hat, wohl auch keinen Krebs.
Auch ein Lance Armstrong, ein Contador sind meines Wissens über Jahrzehnte hoch-fitte, hoch-gesunde Menschen gewesen. Damit ist die Frage beantwortet.
Wissen Sie, was hinter diesen Fragen steckt? Sie kennen die Fabel vom Fuchs und den sauren Trauben. Trauben, dem Fuchse süß und verlockend, aber leider nicht erreichbar. Als er das einsah, hat er die Trauben als „zu sauer“ verschmäht und verspottet. Und seltsame Fragen erdacht…
Verstanden? Wir sollten so vorsichtig sein mit unseren Äußerungen. Aber noch einmal:
Ihr Körper, Ihre Gesundheit, Ihr Lebensglück, und die filigrane Zeichnung Ihrer kompakten Muskulatur hängen nicht ab von Wünschen, Träumen und bitte schon gar nicht von verbissener Anstrengung, sondern
von Ihrem Lebensstil. Den Sie gewollt haben, den Sie täglich leben.
Das Leben ist überaus gerecht. Erfahre ich jeden Tag.