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Essenzielles Lithium
Lithium ist derzeit häufig in den Schlagzeilen und meine Patienten fragen mich oft danach. Meiner Meinung nach sind dieses Spurenelement und seine vielfältigen medizinischen Anwendungen immer noch viel zu unbekannt.
Sie, als Strunz-Leser, kennen Lithium und seine heilsamen Wirkungen bereits seit vielen Jahren (siehe z. B. News vom 01.03.2015).
Bisher waren die Wissenschaftler sich noch nicht einig darüber, ob Lithium überhaupt ein essenzielles Spurenelement ist. Mittlerweile gibt es so viele Hinweise, dass Lithium für ein gesundes Gehirn und Immunsystem unverzichtbar und insofern auch essenziell ist. Für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hingegen ist Lithium weiterhin nicht essenziell, so dass es von ihr keine offiziellen Zufuhrempfehlungen gibt.
Seit 50 Jahren wird dieses Spurenelement bereits erfolgreich bei psychiatrischen Erkrankungen, vor allem bei bipolaren Störungen mit ausgeprägten Manien und bei einigen Schizophrenieformen, eingesetzt. Auch bei den furchtbaren Clusterkopfschmerzen findet es erfolgreich Anwendung.
Es ist allerdings noch nicht im Detail erforscht, wie genau Lithium den Stoffwechsel von Neurotransmittern, wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin beeinflusst. Aber das spielt auch nicht die entscheidende Rolle. Viel wichtiger ist, dass Menschen nur durch dieses Metall eine deutliche Besserung ihrer Leiden erfahren und vielfach vor Suizid bewahrt werden können.
Lithium kann aber noch mehr. Es unterstützt die Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus, reguliert entzündungsfördernde und -hemmende Botenstoffe, wie Interleukin 6 und BDNF. Es kann die Synthese von schädlichem Beta-Amyloid und somit die Alzheimer-Gefahr reduzieren.
Erfreuliches gibt es auch aus der Immunologie bzw. aus der Long-Covid-Forschung: Dort konnte gezeigt werden, dass Lithium die Vermehrung von Corona-Viren hemmen und auch bei der Neuro-Inflammation, die bei Long-COVID oftmals auftritt, hilfreich sein kann.
Die tägliche Gabe von 40-45 mg Lithium-Orotat pro Tag konnte in einer aktuellen Studie teilweise deutliche Verbesserungen von Fatigue und kognitiver Störung bei den Betroffenen herbeiführen.
Lithium-Orotat hat im Übrigen eine deutlich bessere Bioverfügbarkeit als die sonst eingesetzten Lithiumsalze. Die Orotat-Verbindung wird effizienter im Darm resorbiert und gelangt zudem schneller über die Blut-Hirn-Schranke.
Oftmals fragen mich Patienten nach einem Rezept für Lithium-Orotat. Das darf ich nicht ausstellen, denn es unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht.
Warum wird Lithium als Spurenelement so restriktiv gehandhabt?
Angeblich hat dies etwas mit der engen therapeutischen Breite zu tun, was bedeutet, dass der Bereich zwischen der wirksamen Dosis und der toxischen Dosis sehr schmal ist. Dies erfordert ein engmaschiges Überwachen der Lithiumspiegel während einer Therapie durch einen Arzt.
Die typischen Nebenwirkungen, wie
- Zittern der Hände
- Verstärkter Durst und vermehrtes Wasserlassen
- Übelkeit, vor allem zu Beginn der Behandlung
- Müdigkeit und Benommenheit
treten allerdings normalerweise erst bei höheren Dosen (ab 1 g/Tag) auf.
Der Grund für die enge therapeutische Breite ist, dass die Lithiumionen chemisch betrachtet den Natriumionen sehr ähneln und dadurch leicht über die Natrium-Transporter in die Zellen eindringen können, aber weniger effektiv wieder heraustransportiert werden.
Lithium bedient sich auch gerne des Natrium-Jodid-Symporters, der primär der intrazellulären Aufnahme von Jodid dient (z. B. an der Schilddrüse und an der Brust). So kann es Jodid am Natrium-Iodid-Symporter verdrängen und auch den Transport von Jodid in die Schilddrüse hemmen.
Darüber hinaus kann es die Freisetzung der Schilddrüsenhormone durch Hemmung des Enzyms Adenylatcyclase beeinträchtigen, was zu einer Reduktion der Hormonproduktion führt. Die Folge sind Schilddrüsenunterfunktion und Kropfbildung.
Dieses Problem tritt vor allem dann auf, wenn ohnehin ein Jodmangel oder eine manifeste Unterfunktion zu Beginn der Therapie besteht. Auf eine optimale Jodversorgung sollte daher in jedem Fall geachtet werden.
Fazit: Lithium ist unverzichtbar bei der Prävention und Therapie vieler schwerer Erkrankungen und scheint auch im Bereich von Long- und Post-Covid eine wichtige Therapieoption zu sein. Weitere Forschungsergebnisse werden uns in der Zukunft sicherlich noch spannende Erkenntnisse liefern.
Quellen:
Terao T, Hirakawa H, Muronaga M, Izumi T, Kohno K. Trace Lithium for Suicide Prevention and Dementia Prevention: A Qualitative Review. Pharmaceuticals (Basel). 2024 Nov 5;17(11):1486. doi: 10.3390/ph17111486. PMID: 39598397; PMCID: PMC11597136.
Czarnywojtek A, Zgorzalewicz-Stachowiak M, Czarnocka B, Sawicka-Gutaj N, Gut P, Krela-Kazmierczak I, Ruchala M. Effect of lithium carbonate on the function of the thyroid gland: mechanism of action and clinical implications. J Physiol Pharmacol. 2020 Apr;71(2). doi: 10.26402/jpp.2020.2.03. Epub 2020 Jul 2. PMID: 32633237.
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Lithium-bei-Long-COVID-Hinweise-auf-Nutzen-bei-hoehrerer-Dosierung-453292.html
Über die Autorin:
"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.
Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.