Ich möchte Ihnen heute eine ganz wesentliche Erkenntnis aus einem tollen Vortrag von Prof. Ben Bikman beschreiben. Der Mensch, der sich genetisch korrekt ernährt, reagiert vollkommen anders auf Nahrung, als die überwiegende Mehrheit, die das leider nicht macht und z. B. immer noch sehr viel Zucker konsumiert. Der durchschnittliche Wert liegt in Deutschland bei ca. 36 Kilogramm Zuckerkonsum pro Person im Jahr. Dazu kommt die Empfehlung der DGE, möglichst mit jeder Mahlzeit Getreideprodukte zu konsumieren, die Insulin ebenfalls stark steigen lassen. Das gilt umso mehr, wenn der Blutwert Nüchterninsulin nicht mehr im gesunden Bereich liegt. Und nicht nur das, auch die Blutfette verändern sich dadurch negativ, siehe den Quotient Triglyceride/HDL, den ich immer in meinen Büchern beschreibe, da die Werte auch von jedem Hausarzt gemessen werden.

Doch kommen wir nun zu der interessanten Analyse von Ben Bikman. Er hat zunächst das Ergebnis einer Studie an Hunden aus dem Jahr 1971 untersucht, denen man die Aminosäure Alanin verabreichte, und zwar auf zwei verschiedene Arten. Einmal hatte man den Hunden Alanin im hungrigen Zustand gegeben und einmal hatte man den Hunden Glukose und Alanin verabreicht. Der Unterschied ist gigantisch:


  • Im hungrigen Zustand steigt Insulin (Hormon, welches Energieüberschuss meldet) nur sehr leicht an, Glukagon (Hormon, welches Energieknappheit meldet) hingegen verdoppelte sich und der Blutzuckerspiegel in den Hunden veränderte sich leicht von 80 auf 100 mg.
  • Gab man den Hunden gleichzeitig Glukose, so fiel Glukagon um fast die Hälfte ab und Insulin, wie natürlich auch der Blutzuckerspiegel, stiegen stark an. Ein gänzlich anderes Verhalten.

Nun kann man diesen Versuch natürlich hinterfragen mit den Argumenten: Es handelt sich um Hunde und man gab zeitgleich zum Alanin eben auch Glukose. Welche Substanz hat nun wirklich dafür gesorgt, dass Insulin anstieg und Glukagon gesunken ist? Daher hat Ben Bikman den Test an Menschen gemacht und den Versuchsaufbau leicht verändert. Er hat einfach drei verschiedene Gruppen untersucht:


  • eine Gruppe hatte länger als 24h gefastet,
  • die zweite Gruppe ernährte sich gemäß der „normalen“ amerikanischen Ernährung und
  • eine Gruppe ernährte sich Low Carb

Dabei wurde vor allem das Verhältnis von Insulin zu Glukagon vor und nach dem Verzehr einer Portion Eiweiß gemessen. Diese Testpersonen haben nun 1 Gramm Eiweiß je Kilogramm Körpergewicht gegessen und man beobachtete folgende Resultate:

Das Verhältnis von Insulin zu Glukagon:


  • fiel in der Gruppe A) von 0.8 auf 0.5 ab, also die gleiche Beobachtung wie bei den Hunden, die keine Glukose bekamen
  • stieg in der Gruppe B) von 4.0 auf 70.0 (also eine Steigerung um den Faktor 17)
  • blieb in Gruppe C) konstant bei 1.3; es gab einen minimalen Anstieg von Insulin

Was bedeutet das und warum ist das so? Das bedeutet, dass der sich genetisch korrekt ernährende Mensch der Gruppe C) keinen krankhaft hohen Insulinausstoß beim Verzehr von Eiweiß befürchten muss.

Das ist eine generelle Angst von einigen Gruppierungen, die sich mit Ernährung beschäftigen, da man dauerhaft hohe anabole Wachstumshormone im Zusammenhang mit Krebs beobachtet. Und wenn man sich die Gruppe B) anschaut, dann kann man das durchaus verstehen. Hier ist Insulin (und somit viele weitere Wachstumshormone) durch die Decke gegangen. Wenn man sich nicht korrekt ernährt und der Insulinspiegel dauerhaft erhöht ist, dann sieht man einen erschreckend hohen Anstieg von Insulin bei exakt der gleichen Speise. Diese Testpersonen haben exakt das Gleiche gegessen, nämlich 1 Gramm Eiweiß auf 1 Kilogramm Körpergewicht.

Der Hintergrund ist der metabolische Ausgangszustand des Menschen vor dem Essen. Im sich genetisch korrekt ernährenden Menschen wird immer ein gewisser Glukagonspiegel benötigt, um im Blutkreislauf Glukose auf ca. 90-100 mg/dl zu halten. Das steuert Glukagon über die Leber.

Sobald im Körper Insulin steigt, dominiert Insulin und unterdrückt die Wirkung von Glukagon. Das darf natürlich im Körper der Gruppe A) und C) nicht passieren, da sonst der Blutzuckerspiegel absacken würde. Und da der menschliche Körper (wie auch der von Hunden) diesen Zustand natürlich kennt, passiert das auch nicht. Wir wären sonst längst ausgestorben, wenn dem so wäre. Daher bleibt Insulin in diesen Gruppen niedrig, wie im hungrigen Hund.

Oder, wie ich es einfach ausdrücke: Der Low Carb Mensch tickt anders und kann in vielen Situationen nicht mit einem sich falsch ernährenden Menschen verglichen werden, bei dem sich viele Stoffwechselwege aufgrund der Lebensweise (Epigenetik) dauerhaft negativ verändert haben.

Der sich durch die genetisch korrekte Ernährung normalisierende Insulinspiegel ist insbesondere so wichtig, da man mit fortschreitendem Alter eher mehr Eiweiß verzehren muss, um die Muskelmasse zu halten. Und dabei möchte man natürlich nicht, dass Insulin und weitere Wachstumsfaktoren pathologisch ansteigen. Das tun sie eben gerade nicht, wenn man sich richtig ernährt. Zudem möchte man, dass der Körper – ebenfalls vollkommen natürlich – sogenannte Ketonkörper bildet, die nachweislich die Muskeln vor Abbau schützen. Darauf gehe ich in einer weiteren News ein.

Wer mehr über die gegenseitige Wirkung von Insulin, Glukagon und Ketonkörper lesen möchte, dem empfehle ich mein Buch „Von Zucker, Blut und Brötchen“, welches nun auch hier im Shop verfügbar ist.

Merke: Wenn Sie sich genetisch korrekt ernähren, dann können Sie das Steak mit Genuss und ohne schlechtes Gewissen essen.

Quellen:

  • The effect of alanine on glucagon secretion, Walter Müller et al., 1971, DOI: 10.1172/JCI106716
  • Effects of 3-hydroxybutyrate and free fatty acids on muscle protein kinetics and signaling during LPS-induced inflammation in humans: anticatabolic impact of ketone bodies, H. Thomson et al., 2018, DOI: 10.1093/ajcn/nqy170
  • Ben Bikman, Why we get sick, 2020

Über den Autor:


“Robert Krug beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit dem Thema Gesundheit und Ernährung im Hinblick auf die Biochemie des Menschen. Seit 2019 veröffentlicht Robert Krug Bücher zu den Themen genetisch korrekte Ernährung und zur ganzheitlichen Betrachtung des Menschen. Doch lassen wir ihn selbst einmal zu Wort kommen, wie er seinen Weg zur Biochemie gefunden hat:

"Ich liebe es, Probleme zu lösen. Das wird mit ein Grund dafür gewesen sein, dass ich 1994 Wirtschaftsinformatik studiert und warum ich leidenschaftlich gern Software programmiert habe. Mein Weg zur ganzheitlichen Medizin erfolgte aus der Not heraus, da ich in 2016 selbst erkrankte und von der Schulmedizin leider keine Hilfe bekam. So fing ich an, mich Stück für Stück mit meinen Problemen zu beschäftigen und zu lesen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Also das gleiche Vorgehen wie bei der Arbeit. Das war sozusagen der Start für mein inzwischen leidenschaftliches Interesse an der Biochemie und somit der Start meiner Reise." ”