Wir verwenden Cookies, um Ihre Erfahrung zu verbessern. Um die neuen Datenschutzrichtlinien zu erfüllen, müssen wir Sie um Ihre Zustimmung für Cookies fragen. Weitere Informationen
Der hyperaktive Darm
Täglich wird Neues entdeckt. Auch in der Medizin. Etwas besonders Exotisches wurde berichtet eben von Dr. Stylopoulos, Chirurg in Boston. Der sich seit Jahren liebevoll der besonders dicken Amerikaner annimmt.
Der ganz besonders Dicken. Die gibt es dort.
Und ihnen einen Magen-Bypass einpflanzt. Eine verstümmelnde Operation, die allein in den USA im Vorjahr 150.000 Mal durchgeführt wurde. Der Bedarf ist da.
Dem Dr. Stylopoulos war aufgefallen, dass viele seiner Patienten nach der Operation nicht nur Gewicht, sondern auch ihren Diabetes Typ II verloren. Ganz schnell. Und da kam er auf eine neue Idee:
- Vielleicht wird hier nicht nur der Magen ausgeschaltet, Nahrungswege kurz geschlossen, sondern auch der Stoffwechsel verändert.
Also operierte er auch Ratten. Und konnte zeigen, dass der Bypass, also das neu eingefügte Verbindungsstück zwischen Mageneingang und Dünndarm (wusch! Da saust das Essen durch)
- massiv zu wachsen begann
Dieser Bypass produzierte hyperaktives Darmgewebe, das so nach Energie hungerte, dass es „den Zucker im Blut aufzehrte“. Und so den Diabetes Typ II verbesserte.
Das glaubten ihm die Fachkollegen nicht. Natürlich nicht.
Kam er auf eine geniale Idee: Er suchte und fand. Solch hyperaktives Darmgewebe war nämlich 20 Jahre vorher bereits bei Schlangen beschrieben:
- Wenn eine Python nach Wochen des Hungerns plötzlich ein Tier erwischt, bekommt es ein Nahrungs-Überangebot. Und entwickelt reaktiv tatsächlich hyperaktives Darmgewebe.
Nachgewiesen mit dem PET. Leuchtend rote Flecken, also massiver Zuckerverbrauch. Zitat: „Der Darm steht in Flammen“.
Fazit: Unser Körper ist hochintelligent. Er passt sich an. Auch den unmöglichsten Situationen. Auch einem Magenbypass. Der den Zucker aus dem Blut herausfischt.
Auf die noch genialere Idee, den Zucker einfach wegzulassen, ihn gar nicht erst zu essen, also erst gar nicht dick zu werden, auch keinen Diabetes zu bekommen, auf diese noch genialere Idee sind die amerikanischen Forscher nicht gekommen.
Arme Wissenschaft.
Quelle: SPIEGEL 22/2016, Seite 116