Es ist mitten in der Saison. Die Vorbereitung läuft gut. Dann wache ich am Montagmorgen, noch eine Woche bis zum nächsten WorldCup, mit Halskratzen auf und könnte mich direkt wieder umdrehen. Am liebsten würde ich die nächsten drei Tage durchschlafen. Denn es nervt, wenn das typische Sportler-Wehwehchen wieder an die Tür klopft. Ich wiederhole mich: Das gehört dazu. Ich habe lange gebraucht, um diesen Zustand zu akzeptieren und kann dem Sportler in Ihnen hier die Angst nehmen. Nein, es wird nicht zum urplötzlichen Leistungsabfall kommen. Nein, Sie werden nicht 3 Wochen ohne Training überleben müssen, wenn Sie auf Ihren Körper hören können.

Sind Sie rundum sehr gut mit Mikro- und Makronährstoffen sowie Spurenelementen versorgt, dann ist die Erkältung in wenigen Tagen vorbei. Das hängt aber ganz davon ab, was Sie jetzt unternehmen. Führen Sie Ihr Training weiter verbissen fort, werden Sie den Erreger verschleppen und im schlimmsten Falle eine Myokarditis (Herzmuskelentzündung) riskieren. Viele Breitensportler sind nicht dazu in der Lage, den Hilfeschrei des Körpers zu dulden und gehen leichtfertig mit einer Erkältung um. Das sagen die Fakten, denn die häufigsten Erreger der Herzmuskelentzündung sind simple Erkältungsviren (1), (5).

Vielleicht ist es also besser den Erreger gar nicht erst aufzusammeln? FFP-2 Maske, dauernde Händedesinfektion, die berühmten 1,50 Meter? Das tun Sie sich bitte nicht an. Grundsätzlich sollte man sich in sensiblen Trainingsphasen trotzdem an einige Maßnahmen gewöhnen. Ich achte sehr auf Hände- und Mundhygiene, wenn ich in der Öffentlichkeit unterwegs bin, meide verstopfte Straßenbahnen, Kindergruppen und versuche mein Immunsystem nicht unnötig zu belasten, heißt: in der Phase keine Gifte und keine zusätzliche Entzündung induzieren. Alkohol und leere Kohlenhydrate sind tabu. Zudem habe ich auf Wettkampfreisen gute Handdesinfektion und Mundspülungen im Handgepäck. Unterschätzen Sie nicht die Mundhygiene als Mittel gegen eine Infektion der oberen Atemwege. Gerade wer viel reist, sollte hier gut aufgestellt sein.

Hat es Sie dann doch erwischt, ist es an der Zeit den Zustand zu akzeptieren. Eine Erkältung in belastenden Trainingsphasen ist oft nur eine Reaktion des Körpers auf chronische Überlastung. Sie brauchen eine Pause. Nehmen Sie sich jetzt Zeit für die Regeneration. Achtung! Hier muss man genau einschätzen, wie man weiter verfährt. Ich selbst handhabe es so, dass bei einer laufenden Nase oder leichtem Husten unterschwellige Belastungen erlaubt sind. Am besten kann ich das auf dem Radergometer mit Pulskontrolle kontrollieren. Sind die Symptome aber stärker ausgeprägt, dann findet man mich auf dem Sofa schlafend wieder. Dazwischen ein Spaziergang an frischer Luft und Lernen für die Uni. Bei mehreren Tagen ohne Besserung der Symptomatik sollten Sie zum Arzt gehen, um Komplikationen zu vermeiden. Die Wahrheit ist, dass Sie Ihren Körper jetzt arbeiten lassen müssen. Das kostet Energie und Rohstoffe, die es aufzufüllen gilt. Jeder sollte selbst herumprobieren, was einem wann gut tut. Werfen Sie nicht sinnlos Schmerzmittel, Hustenlöser oder Fiebersenker ein. Geben Sie sich Zeit.

Ist der Infekt dann endlich überstanden, kann es wieder langsam losgehen, bitte nicht mit einem Paukenschlag! Als Faustregel gilt hier: einen Tag beschwerdefrei ohne Belastung durchhalten und danach gemächlich loslegen. Aerobe, lockere und technikbetone Einheiten sind die richtige Wahl. Nun ist es auch an der Zeit die Prävention wieder anzugreifen. Sie wissen es, doch die Basics an NEMs für Athleten sollten wiederholt werden: Probiotische Lebensmittel oder Probiotika, Eiweiß, Zink, Glutamin, Vitamin C und Vitamin D (2), (3), (4), (6). Ich empfehle Ihnen außerdem die Energie- und Wasserspeicher sofort nach oder bei Belastungen länger als 90 Minuten, während einer Trainingseinheit aufzufüllen. Auch Bei Frauen im Wassersport oft ein Problem: Infektionen der Harnwege. Hier können Probiotika in der Prävention unterstützend wirken (3).

Zu guter Letzt möchte ich Sie bitten: treiben Sie es nicht auf die Spitze! Im Jahr 2022 habe ich diesen Fehler begangen und startete trotz schwerer Erkältung für die Männerstaffel beim WorldCup im ungarischen Eger. „Für 100m wird es wohl reichen…“. Die Quittung gab es danach mit einem Totalausfall für 2 Wochen. Dieses Gefühl vergesse ich nicht so schnell. Als würden mir heiße Kohlen in der Lunge liegen. Das ist es nicht wert. Denn Sport, auch Leistungssport, sollte immer Freude bereiten. Die Pause kam übrigens ganz gelegen. Nur 4 Monate später siegten wir mit eben dieser Staffel souverän bei den WorldGames in Birmingham. Alles ist für etwas gut.


Quellen:

1: 27.08.2024 (16:15 Uhr) https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/52867/Bei-Infekten-Sportpause-einlegen

2: Wang CH et al. Optimal methods of vitamin D supplementation to prevent acute respiratory infections: a systematic review, dose-response and pairwise meta-analysis of randomized controlled trials. Nutr J. 2024 Aug 14

3: Abavisani M et al. The role of probiotics as adjunct treatment in the prevention and management of gynecological infections: An updated meta-analysis of 35 RCT studies. Taiwan J Obstet Gynecol. 2024 May

4: Cerullo G. et al. The Long History of Vitamin C: From Prevention of the Common Cold to Potential Aid in the Treatment of COVID-19. Front Immunol. 2020 Oct 28

5: 27.08.2024 (19:21 Uhr) https://www.aerzteblatt.de/archiv/125902/Myokarditis

6: Lu TL. et al. Supplementation of L-glutamine enhanced mucosal immunity and improved hormonal status of combat-sport athletes. J Int Soc Sports Nutr. 2024 Dec;21