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Corona und unser Verstand
Passt nicht zusammen. Hat miteinander nichts zu tun. Unser hilfloser Versuch, ein Naturereignis wie ein Virus, eine Pandemie mit dem Verstand zu verarbeiten ... das desaströse Ergebnis hören, lesen, erfahren Sie in Ihren täglichen Debatten. Die ja – wieder einmal – zur Spaltung unserer Gesellschaft, übrigens weltweit, geführt hat.
Dahinter steckt nichts weiter als unsere gefühlte Einbildung, Tatsachen zu begreifen, uns auf sie verlassen zu können. Nun ... können wir nicht. Bitte erlauben Sie mir, heute zu Ihnen aus berufenem Munde zu sprechen.
Aus dem Mund von Professor Dr. Gerhard Roth, ehem. Direktor am Institut für Hirnforschung Uni Bremen. Was den Herrn auszeichnet?
Der ist 79 Jahr alt.
Und hat nach eigenen Worten mit vielen Kollegen seit 40 Jahren untersucht, wie wir Menschen mit UNSICHERHEIT umgehen. Lassen Sie mich im Folgenden einige zentrale Sätze zitieren.
- „Wissenschaft ist kein Inhalt, sondern eine Methode.“
Eine zentrale Einsicht. Virologen wie Prof. Drosten sind Wissenschaftler. Die arbeiten mit wissenschaftlichen Methoden. Der Inhalt …? Der wechselte tagtäglich. Und Sie missverstehen den täglich wechselnden Inhalt als Wahrheit. Als etwas Verlässliches.
Ihr Irrtum. Nicht der Irrtum von Prof. Drosten.
- „Es gibt auch in der Wissenschaft keine Wahrheit, sondern immer nur mehr oder weniger plausible Erklärungen.“
- „Viele Menschen, auch Politiker, erhofften sich von Wissenschaftlern klare Vorgaben. Man erwartete Trost und Beruhigung, geliefert wurden Streit und Widerspruch. Das war für viele so unerträglich, dass einige die Wissenschaft als solche in Frage gestellt haben.“
Genau. Wenn Sie im Internet stöbern, finden Sie tagtäglich, fast stündlich neue „Tatsachen“ neue „Enthüllungen“.
Beispielsweise Näheres zur Impfstoff-Zulassung. In Ihren Augen empörend. Näheres zur Dauer der Impfwirkung. Darf ich erinnern? Meine Tetanus-Impfung ist auch nach 40 Jahren aktiv wirksam (gemessen!). Und bei Corona?
Neu für viele von uns:
- „Es ist nicht die primäre Aufgabe von Wissenschaft, das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Sie kann keine zementierten Wahrheiten verkünden. Im Gegenteil, sie befasst sich mit der Suche nach einigermaßen gesicherten oder zumindest plausiblen Aussagen.“
- „Wenn sich Daten täglich verändern, lassen sich keine eindeutigen oder langfristigen Antworten geben. Und keine ewig gültigen Verhaltensregeln aufstellen. Damit konnten und können viele Menschen, auch Politiker, nicht umgehen.“
Das kapieren wir langsam. Wir alle, die wir uns täglich informieren, die lesen können. Wissen Sie, was da Geheimnisvolles hinter allem steckt?
Da kommen wir zum Spezialgebiet von Prof. Roth, 79. Sein Thema „Wie funktioniert der Mensch“. Wir lernen:
- „Dass der Mensch mit Hilfe seines VERSTANDES seine Gefühle maßgeblich regieren kann, ist ein intellektuelles Konzept – es ist von der Evolution NICHT vorgesehen.“
- „Wir haben untersucht, wie Menschen mir Unsicherheit umgehen. Es hat sich gezeigt, dass sie eher von ihren tiefen Gefühlen und impulsiven Reaktionen gesteuert werden als von ihrem Verstand.
Das sind entwicklungsgeschichtlich die ältesten Muster, die dann aus der TIEFE UNSERER PERSÖNLICHKEIT nach oben dringen. Der Mensch will überleben, will dabei Schutz und Sicherheit. Und vor allem will er keine Angst haben müssen. Die Pandemie aber hat zusätzliche Ängste geschürt ...“
Stimmt. Die Corona-Pandemie hat die Menschheit aufgerüttelt, nicht nur einzelne Gruppen wie bei allen anderen Krankheiten (Krebs, Herzinfarkt etc.). Wir sind bis in die „Tiefe unserer Persönlichkeit“ getroffen. Verstehen langsam, dass der Verstand, dass sachliche Argumente im Umgang mit der Katastrophe wenig gebracht haben. Wenig bringen. Wenig bringen werden. Prof. Roth erklärt uns, weshalb. Der Verstand jedenfalls scheint uns nicht zu helfen. Zitat:
- „Vernunft hat oft schlechte Karten. Entwicklungsgeschichtlich betrachtet hat der Mensch den langfristig planenden Verstand so spät entdeckt, dass er ihn kaum als wesentlichen Maßstab für sein Handeln verinnerlicht hat.“
- „Verstand und später die Vernunft … befriedigen weder elementare Bedürfnisse, noch geben sie soziale Sicherheit.“
Hört, hört! Wenn ich irgendetwas von den Erkenntnissen eines Hirnforschers mitnehme, dann:
- Rüsten Sie ab. Lassen Sie das. Lassen Sie die täglichen Streitereien.
- Lassen Sie Ihre Besserwisserei. Ihr „Wissen“ gilt ja doch nur für einen kurzen Moment, wie Sie gelernt haben.
- Tagtäglich können Sie neue, wesentliche Tatsachen zum Thema Corona nachlesen und lernen. Gilt heute. Und morgen?
Bitte, bitte: Lassen Sie Ihren Mitmenschen gelten, akzeptieren Sie sein anders-sein. Noch direkter: Lassen Sie ihn bitte leben! Das beliebte Gegenteil heißt ja Krieg.