ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ist eine der häufigsten neuroentwicklungsbedingten Herausforderungen bei Kindern und Jugendlichen – und sie betrifft darüber hinaus auch viele Erwachsene.
In Deutschland leben etwa 5 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren mit ADHS – das sind rund 540.000 junge Menschen. Jungen erhalten die Diagnose etwa drei- bis viermal häufiger als Mädchen.

Doch warum wird ADHS bei Jungen so viel häufiger diagnostiziert? Oft fällt ihr Verhalten besonders im Grundschulalter auf, wenn sie Schwierigkeiten haben, stillzusitzen oder sich über längere Zeit zu konzentrieren. Als Mutter zweier sehr lebhafter Jungs im Alter von 9 und 11 Jahren kenne ich den täglichen Balanceakt: Hausaufgaben und Klassenarbeiten erfordern viel Geduld, doch draußen beim Fußballspielen oder Schnitzen ist ihre Energie und vor allem ihre Konzentration grenzenlos.

Jungen in diesem Alter haben einen natürlichen Bewegungsdrang, der oft nicht ausgelebt werden kann – besonders in einem Alltag, der zunehmend von langen Schulzeiten geprägt ist. Im Vergleich zu früheren Generationen hat sich der Tagesablauf stark verändert: Während wir in den Siebziger- und Achtzigerjahren nachmittags draußen spielten, verbringen Kinder heute oft bis 16 Uhr überwiegend sitzend in der Schule. Die Zeit für Bewegung und freies Spielen wird immer knapper. Das ist nicht artgerecht, schon gar nicht für Jungen!

Diese Veränderungen werfen die Frage auf: Wie können wir den natürlichen Bedürfnissen von Kindern besser gerecht werden? Mehr Raum für Bewegung und individuelle Förderung könnten helfen, Kindern den Alltag zu erleichtern.

Das sind einige meiner Gedanken, die ich den besorgten Eltern in meiner Sprechstunde mitteile, deren Kind die ADHS-Diagnose und zugleich ein Rezept für Ritalin ® oder ein ähnliches Medikament bekommen hat.

Damit eine ADHS-Diagnose gestellt wird, müssen diese Symptome über mindestens sechs Monate bestehen und das Leben in mehreren Bereichen (z. B. Schule, Familie) deutlich beeinträchtigen:


  • Unaufmerksamkeit: Aufgaben bleiben unvollendet, Dinge gehen verloren, oder die Konzentration springt von einem Thema zum nächsten.
  • Hyperaktivität: Ein ständiger Bewegungsdrang – ob Zappeln, Herumlaufen oder das Gefühl, nie stillsitzen zu können.
  • Impulsivität: Spontane Entscheidungen, Unterbrechen in Gesprächen oder Schwierigkeiten abzuwarten.

Wir wissen, dass eine Reihe von Neurotransmittern eine Schlüsselrolle bei Konzentrationsstörungen und Hyperaktivität spielt:


  1. Dopamin: Wichtig für Motivation und Aufmerksamkeit. Bei ADHS liegt oft ein Mangel vor.
  2. Noradrenalin: Unterstützt Wachheit und emotionale Regulation. Auch hier gibt es oft Defizite.
  3. Serotonin: Beeinflusst Stimmung und Impulskontrolle – eine Dysbalance kann emotionalen Symptomen zugrunde liegen.
  4. Glutamat: Dieser Neurotransmitter ist wichtig für Kognition und Motivation; bei ADHS sind bestimmte Funktionen reduziert.
  5. Histamin: Histamin beeinflusst die Steigerung der Aufmerksamkeit und den Wachzustand. Studien zeigen, dass ein erhöhter Histaminspiegel im Gehirn die Konzentration und kognitive Funktionen positiv beeinflussen kann, indem er auch die Freisetzung anderer Neurotransmitter wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin reguliert.

Obwohl es möglich ist, die Konzentration dieser Neurotransmitter zu messen, geschieht dies weder bei ADHS noch bei anderen psychiatrischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen.

Stattdessen basiert die Diagnose ausschließlich auf Beobachtungen und standardisierten Fragebögen. Warum diese Möglichkeit nicht genutzt wird, bleibt für mich ein Rätsel!

Bei ADHS-Patienten finde ich häufig deutliche Abweichungen in den Neurotransmitter-Werten. Interessanterweise betreffen diese nicht immer nur Dopamin und Noradrenalin, sondern auch die anderen, oben erwähnten Botenstoffe.

Zur Behandlung von ADHS werden häufig Medikamente wie Methylphenidat (z. B. Ritalin ®) eingesetzt, die die Verfügbarkeit von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn erhöhen. Diese Grundidee ist durchaus nachvollziehbar – schließlich spielen diese Neurotransmitter eine Schlüsselrolle bei Aufmerksamkeit und Impulskontrolle.

Doch warum wird kaum gefragt, ob es nicht auch natürliche Methoden gibt, um diese Botenstoffe ins Gleichgewicht zu bringen? Ernährung, Bewegung, Schlaf und Stressmanagement könnten hier – messbar ! - viel bewirken. Mehr dazu in einer der nächsten News!


Quelle:

www.adhs-deutschland.de

https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Risikoinformationen/RisikoBewVerf/m-r/methylphenidat_ke_annex.pdf?__blob=publicationFile



Über die Autorin:


"Kyra Kauffmann, Jahrgang 1971, Mutter zweier kleiner Söhne, Volkswirtin, seit 20 Jahren niedergelassene Heilpraktikerin, Buchautorin, Dozentin, Journalistin und seit 3 Jahren begeisterte Medizinstudentin.

Zur Medizin kam ich durch meine eigene schwere Erkrankung mit Anfang 30, bei der mir seinerzeit kein Arzt wirklich helfen konnte. („Ihre Werte sind alle super – es ist alles rein psychisch!“). Hilfe bekam ich von Heilpraktikern, die zunächst einmal eine wirklich gründliche Labordiagnostik durchgeführt haben, ganz nach dem Vorbild von Dr. Ulrich Strunz. Es war eine neue Welt, die sich mir eröffnete und die Erkenntnisse, haben mich sofort fasziniert (ohnehin bin ich ein Zahlen-Daten-Fakten-Fan und habe nicht umsonst das Studium der VWL gewählt). Die Begeisterung war so groß, dass ich meinen alten Beruf an den Nagel hängte und Heilpraktikerin wurde. Meine Praxis führe ich seit 20 Jahren mit großer Begeisterung und bin – natürlich - auf Labordiagnostik spezialisiert und kann so oft vielen Symptomen auf den Grund gehen. In 2 Jahren hoffentlich dann auch als Ärztin.