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ASS – und was nun?
ASS, Aspirin, gewonnen aus der Weidenrinde (wussten Sie das?) hat mir als jungen Menschen immer und immer wieder geholfen. Bei den lästigen Gliederschmerzen, dem Krankheitsgefühl, dem Fieber im Gefolge eines grippalen Infektes. Aspirin in der Dosis von ½ bis 1 Gramm, aber eben nur in ganz bestimmten Notsituationen.
Ganz anders die heutige Praxis: ASS in niedriger Dosierung (100mg) sollte eigentlich jeder Mensch, ob gesund oder krank, ob jung oder alt täglich zu sich nehmen. Sagt nicht nur der berühmte Doktor David Agus (News vom 07.04.2013).
Bekannt geworden durch seinen Bestseller „Leben ohne Krankheit“ Im Grunde genau „forever young“. Mit einem genialen Unterschied:
Überflüssig hält er NEM´s.
Dafür sollte jeder Mensch ein Statin und ASS täglich einnehmen.
Durch diesen genialen Schlenker heraus aus dem vernünftigen Schema Bewegung - Ernährung – Denken wurde Agus zum Liebling der Pharmaindustrie in den USA. Können Sie sich denken. Und bekam alles zu Füßen gelegt.
Zurück zum ASS: Auch in Deutschland greifen über 90% aller Ärzte bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systemes zu ASS, 100 mg. Neben dem sowieso allfälligen Statin. Die Vorstellung dabei: Das Blut wird ein bisschen verdünnt und fließt besser auch durch Engstellen. Klingt vernünftig. Seltsamerweise gibt es renommierte Institutionen wie zum Beispiel die „Deutsche Herzstiftung“ die abrät. Die die routinemäßige Einnahme von ASS ausdrücklich nicht empfiehlt.
Die denkt eben wissenschaftlich. Für Aspirin in der Grammdosis ist die Wirkung gut belegt. Kann jeder an sich ausprobieren. Im Falle eines Falles. Zweimal im Jahr. Die tatsächliche Datenlage zum Herz-Kreislaufschutz durch die niedrigdosierte Variante dagegen ist spärlich. Professor Cleland vom Imperial College in London: „Wenn es diesen Schutzeffekt überhaupt geben sollte (!!!), wiegt er keinesfalls die Risiken des Mittels auf“. Cleland ist weltweit renommierter Kardiologe.
Und bekommt soeben Rückendeckung aus Dänemark. Ein dänisches Forscherteam hat die Daten von 13.000 herzschwachen Senioren ausgewertet, von denen 4.000 täglich 75mg ASS schluckten. Fazit?
- Nach 2 Jahren war ihr Sterberisiko auf dem gleichen Niveau wie in der Aspirin-freien-Gruppe.
- Dummerweise war die Quote der Herzinfarkte um 34% höher
- Und die Zahl der Krankheitstage um 25% höher – hauptsächlich wegen eingeschränkter Nierenfunktion.
Das war´s auch schon. Wie so häufig: Man kennt eine Substanz, weiß, dass sie hilft, und vergisst den klitzekleinen Unterschied: Hilfe zweimal im Notfall ist nicht vergleichbar mit täglicher Einnahme zur Vorsorge. Da müsste man eben schon genauer nachgucken.
Wie das die dänischen Forscher soeben getan haben.
Dazu Cleland: ASS ist ein gutes Beispiel für jene Schlamperei, wie sie durch Leute hervorgerufen wird, die voreilige Schlüsse ziehen, welche auf Wunschdenken und fehlerhaften Daten beruhen.
- Voreilige Schlüsse? Man glaubte halt an die Vorstellung, ein Gefäßverschluss würde stets durch eine Blutverklumpung verursacht, die man mit ASS wahrscheinlich verhindern kann.
„Tatsächlich ist jedoch oft das Einbluten in eine Plaque der primäre Auslöser“ so Cleland. Und dagegen helfe kein Gerinnungshemmer.
- Und Schlamperei? Das war eben der falsche Schluss, abgeleitet von der guten Wirkung von Aspirin bei der Grippe zweimal pro Jahr, auf die jetzt tägliche Einnahme.
An der Uni Wien hat man einmal ausgerechnet, dass auf zwei der Patienten, die durch ASS vor einem Infarkt oder dergleichen bewahrt werden, eine schwere Blutung kommt. Das Schaden-Nutzen-Verhältnis liegt also bei 1:2. Da muss man sich schon ernsthaft fragen, wie ein Doktor Agus gesunden, bis dahin symptomlosen Patienten dieses Medikament zur täglichen Einnahme empfehlen kann.
Das war soeben sehr, sehr höflich formuliert.