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Angriff aus England
Tag für Tag wird es schwieriger für die DGE, für die DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft): Beide Gesellschaften haben uns verfetteten Deutschen, haben all den Diabetes-Kranken gebetsmühlenartig seit Jahrzehnten eingeredet: Esst mehr Kohlenhydrate. Ihr müsst Kohlenhydrate essen. Nur Kohlenhydrate können euch gesund machen.
Aberwitz.
Kann jeder Mensch, auch Sie, in einer Woche an sich selbst feststellen: Schlichtweg falsch. Kann jeder Diabetiker in meiner Praxis in einer Woche feststellen: Schlichtweg falsch. Will sagen: Im Experiment kann man diese falschen Lehren sofort widerlegen. Experiment heißt aber leider naturwissenschaftliches Denken.
Die denken anders.
Und jetzt greift England an. Von der Seite. Dort gibt es zwei Gesellschaften, das National Obesity Forum (NOF) und die Public Health Collaboration (PHC), welche die Gesundheitsbehörden Englands, das Public Health England (PHE) (entspricht unserer DGE) geradezu niedermachen:
- Das Anti-Fett-Vorgehen sei ein „Irrweg“
- Das hätte „desaströse Folgen für die Gesundheit“
- Hätte sich im Kampf gegen Übergewicht und Diabetes als wirkungslos herausgestellt
- Denn: Der Konsum von „Fett macht nicht fett“
Für den Chef des NOF, Prof. Haslam gilt:
- „High Carb und Low Fett sind als Leitlinien für eine gesunde Ernährung komplett gescheitert“.
Gescheitert ist also die DGE. Ihre Leitlinien. Die ja identisch waren. Und wie kam es zu diesen Leitlinien? Jetzt wird Prof. Haslam polemisch, das heißt, er lüftet ein bisschen den Schleier:
- „Als die jüngsten Ernährungsrichtlinien geschrieben wurden, saßen viele Vertreter der Lebensmittelindustrie mit am Tisch“.
Dies sei, so meint er, durchaus vergleichbar mit den Agitationen der Tabakindustrie, die viele Jahre lang ihre Leute in die medizinischen Fachgesellschaften schmuggelte, um die Risiken des Rauchens zu bagatellisieren.
Ahh, ja. Verstanden. Das gilt für England. Hoffentlich saßen in Deutschland nicht „Vertreter der Lebensmittelindustrie mit am Tisch“. Hoffentlich. Oder doch? Wer gibt hier Auskunft?
Das einzige Gegenargument der PHE, also in Deutschland der DGE ist immer das Gleiche. Darf ich?
- „Unsere Richtlinien sind allein bezüglich der Kohlenhydrate durch rund 600 wissenschaftliche Studien abgesichert“.
Stimmt. Ich habe sicher 100 dieser Studien gelesen. Und zwar Zeile für Zeile, Wort für Wort. Ich weiß, wie man wissenschaftliche Studien liest. Beispiel gefällig?
- Da werden verglichen zwei Diäten, eine mit 60%, eine mit 45% Kohlenhydratanteil. Die mit 45% wird genannt „Low carb“. Bitte lachen Sie nicht laut. Und dann wird gefunden: Kein Unterschied. Heißt: Low carb lohnt sich nicht. Dass low carb erst unter 10% funktioniert…
- Oder es werden Fragebögen verteilt. Einmal. Sie dürfen Ihr Essen darauf eintragen. Das nennt man objektiv. Und 10 Jahre später werden die Todesfälle untersucht. Es wird also vorausgesetzt, dass die Leute 10 Jahre das Gleiche essen.
All dies nennt man Schrottstudien. 600 Schrottstudien. Das müssen Schrottstudien sein, denn jedem normalen Menschen, also Ihnen und mir ist klar: Kohlenhydrate machen fett. Wir brauchen´s nämlich nur eine Woche auszuprobieren. Kohlenhydrate machen Zucker. Fragen Sie doch mal Dr. Wortman (siehe News vom 05.11.2012). Wie deutlich denn noch?
Was hier in England, was hier in Deutschland in den letzten Jahrzehnten abgelaufen ist, kann man gar nicht scharf genug geisseln. Dass hier die Strafverfolgungsbehörden nicht eingreifen, ist mir als Arzt unbegreiflich. Schließlich gibt es doch den Begriff der „fahrlässigen Tötung“, oder?
Quelle: DIE WELT, 22.06.2016, Seite 17